Der Aargauer Grosse Rat hat am Dienstag nach ausführlicher Diskussion die Staatsrechnung 2016 genehmigt, die ein Rekorddefizit von 105,4 Millionen Franken ausweist. Die bürgerliche Mehrheit hiess jedoch den Aufgabenbereich «Betreuung Asylsuchende» nicht gut. Das hat keine direkten Folgen.
Ärger löste im Grossen Rat aus, dass im Aufgabenbereich «Betreuung Asylsuchende» das Globalbudget um 5,6 Millionen Franken überschritten wurde – ohne einen Nachtragskredit zu stellen. Man sei mit dieser Budgetüberschreitung nicht einverstanden, hielt die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (KAPF) fest.
Auf Antrag der KAPF genehmigte der Grosse Rat das entsprechende Globalbudget gegen den Willen des Regierungsrats nicht. Der Entscheid des Parlament hat eher symbolischen Charakter. Der finanzielle Aufwand sei bereits angefallen und verbucht. Der Entscheid habe keine finanziellen Auswirkungen, hielt die KAPF fest.
Die bürgerliche Mehrheit lehnte die Budgetüberschreitung mit 78 zu 49 Stimmen ab. In einem zweiten Entscheid lehnte es der Grosse Rat mit 76 zu 48 Stimmen ab, den Aufgabenbereich „Betreuung Asylsuchende zu genehmigen. Alle anderen 43 Aufgabenbereiche wurden klar genehmigt.
Nach einem früheren Entscheid der Kommission muss die Finanzkontrolle des Kantons Aargau die Kosten für die Unterbringungen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden bei Pflegefamilien im Jahr 2016 eine Sonderprüfung unterziehen.
Bis Ende 2016 war Susanne Hochuli (Grüne), Vorsteherin des Departements Gesundheit und Soziales (DGS), für den Asylbereich zuständig. Die Regierungsrätin trat jedoch nicht mehr zu Wiederwahl an. Neue Vorsteherin des DGS ist Franziska Roth (SVP).
Regierungsrätin Roth sagte, die Budgetüberschreitung habe sich erst im September gezeigt. Der Regierungsrat sei im November informiert worden. Die Zeit, um dem Parlament einen Nachtragskredit zu beantragen, habe nicht mehr ausgereicht. Der Kantone Sozialdienst werde nun betriebswirtschaftlich geführt.
Das Parlament hiess mit 114 zu 11 Stimmen eine Budgetüberschreitung von 15,6 Millionen Franken bei der Gesundheitsversorgung gut. Auch hier hatte es der Regierungsrat unterlassen, einen Nachtragskredit zu beantragen.
Rekordhohes Defizit
Die Rechnung 2016 schliesst mit einen Defizit von 105,4 Millionen Franken. Ohne Sondereffekte würde das Defizit bei Ein- und Ausgaben von je rund 5,2 Milliarden Franken sogar 220 Millionen Franken betragen.
So war die Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von 52,2 Millionen Franken nicht budgetiert gewesen. Zudem entnahm der Kanton 61,1 Millionen Franken aus der Ausgleichsreserve, einem «Sonderkässeli» für schlechte Zeiten.
Das Jahresergebnis 2016 sei «besorgniserregend», sagte Finanzdirektor Markus Dieth (CVP), der erst seit Anfang Jahr im Amt ist. Es bestünden strukturelle Probleme, sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben.
Der Regierungsrat sei gewillt, 2018 einen Budgetausgleich zu erreichen, sagte Dieth. Der Staatshaushalt solle wieder ins Lot gebracht werden. Das Ausgabenwachstum müsse gebremst und mehr Steuereinnahmen erzielt werden.
Positionen in Endlosschlaufe
Bei der Beratung der Jahresrechnung bekräftigten die Parteien einmal mehr ihre bekannten Standpunkte. SVP und FDP zeigten sich wenig begeistert von der Rechnung. Der Regierungsrat müsse nun «endlich den Hobel» ansetzen, hiess es bei der SVP. Die CVP verglich den Kanton mit einem Patienten im Spitalbett, der einen Giftcocktail getrunken habe.
Auf der anderen Seite bezeichnete die SP den Aargau als «Discounter-Kanton». Die Steuersenkungen für die Reichen hätten zu einer Umverteilung geführt. Die Kostensteigerungen seien absehbar gewesen.