Aargauer Parlament versenkt Vorlage zur Kinderbetreuung

Im Aargau müssen die Gemeinden keine familienergänzende Kinderbetreuung anbieten. Der Grosse Rat hat am Dienstag nach zweiter Beratung die entsprechende Gesetzesgrundlage mit 79 gegen 51 Stimmen abgelehnt. SP und SVP versenkten die Vorlage.

Im Aargau müssen die Gemeinden keine familienergänzende Kinderbetreuung anbieten. Der Grosse Rat hat am Dienstag nach zweiter Beratung die entsprechende Gesetzesgrundlage mit 79 gegen 51 Stimmen abgelehnt. SP und SVP versenkten die Vorlage.

Zuvor hatte die bürgerliche Mehrheit des Grossen Rates die von der Regierung vorgelegte Revision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes stark umgebaut. So sollte der Kanton keine Vorgaben bei der Qualität der Angebote und bei der Bewilligung machen. Das hatte der Grosse Rat auf Antrag der FDP entschieden.

Zudem beschloss das Parlament, dass sich der Kanton nicht an den Kosten beteiligen muss. Bei der ersten Beratung der Vorlagen, einer Gesetzesrevision und eines Dekretes, hatte der Grosse Rat im Juni andere Entscheide gefällt.

So hätte der Kanton 50 Prozent der Restkosten übernehmen müssen. Die Kantonskasse wäre dadurch um rund 34 Millionen Franken belastet worden. Gleichzeitig wäre dem Kanton die Kompetenz eingeräumt worden, die Qualität der Betreuungsaufgaben festzulegen.

Turbulente Debatte

Die Beratung des Gesetzes verlief über weite Strecken chaotisch. Die Auswirkungen der Anträge aus den Reihen der FDP waren teilweise unklar. Das Büro des Grossen Rates hatte daher vorgeschlagen, die Vorlage ein drittes Mal zu beraten.

Der Grosse Rat versenkte das Gesetz jedoch in der Schlussabstimmung mit den Stimmen der SP und SVP. FDP und CVP stimmten für die Vorlage. Die SP bezeichnete die Vorlage als „Desaster“. Die SVP war als einzige Partei von Beginn an gegen ein zwingendes Angebot von familienexterner Kinderbetreuung.

Regierung setzt sich für Tagesstrukturen ein

Gesundheitsdirektorin Susane Hochuli (Grüne) hatte sich vehement für die regierungsrätliche Vorlage eingesetzt. Es gehe auch darum, mit der familienexternen Kinderbetreuung die Attraktivität des Kantons zu steigern.

Es seien gesamtkantonale Standards notwendig, weil viele Gemeinden beim Fachwissen überfordert seien. Der Kanton wolle nur das unbedingt Notwendige regeln.

Vor der Schlussabstimmung sagte Hochuli, sie könne sich nicht abschliessend zur „Rumpfvorlage“ äussern. Daher sei wohl eine dritte Lesung des Gesetzes notwendig.

Bei der familienergänzenden Kinderbetreuung geht es um Kindertagesstätten, Tagesstrukturen, Mittagsbetreuung sowie Spielgruppen und Tagesfamilien.

Kurswechsel im Grossen Rat

Bei der ersten Beratung der Vorlage im Juni hatte sich einzig die SVP gegen das Betreuungsangebot ausgesprochen. Bei der zweiten Beratung wehrte sich die SVP erneut gegen die Angebote.

Der Kanton bürde den Gemeinden immer neue Aufgaben auf, hiess es. Die SVP fand jedoch keine Mehrheit für ihren Antrag, nicht auf die Vorlagen einzutreten.

Zum Meinungsumschwung im Grossen Rat führte die FDP. Die Fraktion machte sich dafür stark, dass die Organisation der familienergänzenden Kinderbetreuung den Gemeinden überlassen werden soll. Auch die CVP stellte sich weitgehend hinter diese Forderung.

Vor den eigenössischen Wahlen hatte sich die FDP für das von der Regierung vorgeschlagene Angebot eingesetzt. Dieses sei notwendig, weil sich die Zeiten geändert hätten, hiess es damals

SP und Grüne stützten die Vorlage, wie sie vom Grossen Rat in der ersten Lesung beschlossen worden war. Die SP sprach sich klar für kantonale Standards bei der familienergänzenden Kinderbetreuung aus. Das Angebot sei für einen „moderneren Aargau“ notwendig.

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