Der Aargauer Regierung will die Praxis bei der Verbilligung der Krankenkassenprämien reformieren. Die Verbilligungen sollen bedarfsgerechter als heute verteilt werden, und das Verfahren soll einfacher werden. Der Kanton will auch Geld sparen – rund 20 Millionen Franken pro Jahr.
Trotz der komplizierten Materie stünden die Menschen im Mittelpunkt, und es gehe darum, die Prämienverbilligungen gerecht zu verteilen, sagte Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli (Grüne) am Freitag vor den Medien in Aarau.
Die Totalrevision des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung sieht vor, dass das massgebende Einkommen für die Berechnung der Verbilligung anders als heute berechnet wird. So sollen Unterhaltskosten für die Liegenschaft, Beiträge an die zweite Säule (Pensionskasse) und an die dritte Säule (private Vorsorge) nicht mehr ins Gewicht fallen.
Derzeit gibt es Personen, die ihre Steuerabzüge so stark optimieren, dass sie trotz eines guten Einkommens Anspruch auf eine Prämienverbilligung haben. Zudem will der Regierungsrat eine Meldepflicht mitsamt Sanktionen für Personen einführen, wenn sich deren wirtschaftlichen Verhältnisse stark verbessert haben.
Einfacheres Verfahren
Es geht etwa um Studenten, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben und bereits Geld verdienen. Sie erhalten nach den geltenden Spielregeln trotzdem oft noch immer eine Verbilligung. Zudem soll die massgebende Steuerveranlagung nur noch einmal verwendet werden können.
Alle Faktoren der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sollen aufgerechnet werden. Neu soll es eine Richtprämie für junge Erwachsene geben, zu den bisher bestehenden Richtprämien für Kinder und Erwachsene.
Unterscheiden will der Regierungsrat künftig auch nach den Haushaltstypen. Vor allem Alleinstehende möchte man besserstellen. Sie sind nach der derzeitigen Regelung gegenüber den Ehepaaren tendenziell benachteiligt.
Wer wenig Einkommen habe, solle künftig eine höhere Prämienverbilligung als heute erhalten, sagte Barbara Hürlimann, Projektleiterin der Totalrevision.
Kanton will Geld sparen
Der Kanton stehe vor einer finanz- und sozialpolitischen Herausforderung, hiess es. Verbillige der Kanton die Prämien nämlich in ungenügendem Mass, so werde dies dazu führen, dass die betroffene Person entweder Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beantragen müsse. Dies habe für die öffentliche Hand längerfristig höhere Kosten.
Der Kanton will mit dem Umbau der Prämienverbilligung auch Geld sparen – bis zu 9 Millionen Franken pro Jahr. Zudem sollen die Gemeinden zu einem grossen Teil die Krankenkassenausstände bezahlen. Der Kanton will dies jedoch im Lastenausgleich Kanton-Gemeinden anrechnen.
Parlament beschloss höhere Hürden
Die Hürde für die Verbilligung von Krankenkassenprämien wurde bereits erhöht. Der Grosse Rat beschloss im März, den Prozentsatz für die Berechnung der Verbilligung um 0,5 Prozentpunkte auf 11,5 Prozent anzuheben. So werden pro Jahr 12 Millionen Franken weniger ausbezahlt.
Der Regierungsrat rechnet damit, dass mit der Totalrevision des Gesetzes und mit der höheren Hürde im Jahr 2017 rund 19,4 Millionen Franken und 2018 rund 25,9 Millionen Franken gespart werden können.
Schwarze Liste soll präzisiert werden
Die bereits auf Anfang Juli eingeführte schwarze Liste über säumige Krankenkassenprämienzahler wird weitergeführt. Der Kanton rechnet damit, dass bis Ende Jahr rund 8000 Personen auf der Liste stehen werden. Ende September gab es bereits 7000 Betreibungen von Personen, welche die Prämien nicht bezahlten.
Mit der Totalrevision sollen jedoch die Verfahren präzisiert werden. Die ersten Erfahrungen zeigten, dass administrative Probleme bestehen. So liefern mehrere Krankenkassen nicht die gewünschten Angaben.
Der Kanton muss 85 Prozent der nicht gedeckten Krankenkosten bezahlen. Das waren 2012 rund 8 Millionen Franken, für 2016 rechnet der Kanton mit 13 Millionen Franken.
Wer auf der schwarzen Liste steht, ist mit einem Leistungsaufschub belegt. Dies bedeutet, dass die öffentliche Hand einzig bei medizinischen Notfällen die Kosten bezahlt.