Ob Junkies, Prostituierte oder betrunkene Streithälse – Basels Pärke gelten als Sammelbecken für ungebetene Gäste. Sind sie wirklich so schlecht wie ihr Ruf? Ein Reality-Check.
Vor einigen Tagen stand die Elisabethenanlage in den Schlagzeilen. «Aggressive Drögeler» und Alkoholiker sollen sich dort herumtreiben, schreibt die Jungliberale Partei Basel und fordert mobile Polizeiposten auf dem Areal.
Solche Urteile gibt es auch andernorts. Sind die Basler Grünflächen wirklich so gefährlich, wie manche Stadtbewohner glauben? Wir haben sieben Pärke besucht und den Vorurteils-Check gemacht.
Elisabethenanlage
Vorurteil: Hier treffen sich die Bankangestellten vom Aeschenplatz auf ein Feierabendbier, während sich beim Musikpavillon gerade jemand einen Schuss setzt.
Stimmts? Voller Erwartungen an einen Basler Bahnhof Letten wage ich mich in die Elisabethenanlage. Bei meinem Besuch sehe ich einen jungen Mann, der sich gerade einen Joint dreht – auf einer Parkbank neben dem gepflegten Caffè «Zum Kuss». Von Cannabiskonsum im Park berichtet auch die Stadtgärtnerei. Peter Gill von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt sagt, dass die Elisabethenanlage kein neuer Drogen-Hotspot sei. Aber eine offene Drogenszene? Das scheint uns doch recht weit hergeholt.
Voltamatte
Vorurteil: Unmittelbar neben diesem Park liegt der Novartis Campus. Novartismitarbeiter nutzen die Grünanlage rege und qualmen die Kinder auf dem Robi-Spielplatz voll.
Stimmts? Kinder turnen fröhlich auf dem Robi-Spielplatz herum, während in der Ferne zwei Novartismitarbeiter miteinander reden und eine Zigarette paffen. «Auf der Voltamatte läuft alles rund», bestätigt Yvonne Aellen, Leiterin Grünflächenunterhalt der Stadt Basel. Tatsächlich: Es ist ruhig, friedlich und wir orten hier keine Probleme.
Claramatte
Vorurteil: In unmittelbarer Nähe zu einem Spielplatz suchen Prostituierte nach Freiern und nächtliche Spaziergänger erschaudern vor Gewalttaten wie Messerstechereien.
Stimmts? An einer Hauswand lehnt eine stark geschminkte junge Frau, die so aussieht, als würde sie nach einem Freier Ausschau halten. Im Park selbst spielen Kinder und junge Erwachsene, auf der Rutschbahn, Schaukel, am Pingpongtisch. Wir stellen fest: Die Matte ist weit friedlicher als ihr Ruf. Allerdings wirkt die Claramatte nachts tatsächlich wenig einladend, man möchte nicht genau wissen, was beim Pavillon abgeht und bleibt dann doch lieber auf dem Trottoir.
Nachtigallenwäldeli
Idyllische Promenade an der Birsig – nachts wird hier auch mal gefeiert! (Bild: Stefan Bohrer)
Vorurteil: Das Partyvolk nimmt das Nachtigallenwäldli an den Wochenenden in Beschlag. Besoffene Streithälse, kreischende Teenies und verkotzte Wege sind die Folge.
Stimmts? «Tumult und Abfall gibt es am Wochenende eher bei der Kuppel», meint Aellen. Ennet dem Birsig sei es aber meist sauber und ruhig, sagt Aellen. Im Nachtigallenwäldeli begegne ich tagsüber einem Hundehalter, der seinen Vierbeiner spazieren führt. Peter Gill erklärt, dass es nachts hin und wieder zu Raubüberfällen komme. «Grundsätzlich ist es nachts in keinem Park in irgendeiner Stadt ratsam, sich alleine dort aufzuhalten.», sagt der Kriminalkommissär.
Kannenfeldpark
Vorurteil: «High werden» ist hier angesagt. Der Kannenfeldpark ist eine Kifferhochburg.
Stimmts? Angekommen in diesem wunderbaren Stadtwald, suche ich nach dem süssen Geruch von Mary Jane. Mir steigt aber nur der Schweiss eines Joggers in die Nase, der seine Runden durch den Park dreht. Auf den Parkbänken sitzen Leute, geniessen die frische Luft und essen zu Mittag. Über Nacht wird der Park geschlossen. Manchmal klettern nachts Jugendliche über die Mauer, sagt Yvonne Aellen. Trotzdem bleibe es im Kannenfeldpark zur Geisterstunde ruhig.
Horburgpark
Vorurteil: Sprayer toben sich in diesem Park aus und verunstalten öffentlichen Grund.
Stimmts? Ja, denn Sprayer dürfen sich in diesem Park legal austoben. Im Horburgpark schmücken Graffitis die Wände und verwandeln die grüne Fläche in ein urbanes Kreativstudio. Aber wehe die Graffitikunst wird für Werbezwecke verwendet, dann winken Teer und Federn.
Schützenmattpark
Vorurteil: Ein Park mit zwei Gesichtern. Tagsüber lockt ein vielfältiges Freizeitangebot, während sich abends Sexorgien in den Hecken und WC-Anlagen abspielen. Und nachts alleine durch den Park zu laufen, sei für junge Frauen gefährlich.
Stimmts? Ein Blick auf die Webseite der Gayszene zeigt, dass der Schützenmattpark als «Cruising-Areal» beliebt ist – als Ort für unkomplizierten Sex mit Gleichgesinnten. Auf der Suche nach unansehnlichen Überbleibseln schlendere ich durch die Grünanlage, stosse aber nur auf rüstige Rentner, die auf einer Parkbank die herrliche Herbstsonne geniessen. Kondome in Gebüschen? Fehlanzeige. Was nicht heisst, dass der Park als Treffpunkt passé sei. Nach nächtlichen Eskapaden werde alles wieder aufgeräumt, heisst es auf Anfrage bei der Stadtreinigung.