Der Aargauer Grosse Rat will im Grundsatz daran festhalten, dass Ärzte den Patienten keine Medikamente abgeben dürfen. Das Parlament lehnte im Streit um die Pillenabgabe die beiden unterschiedlichen Initiativen der Ärzte und der Apotheker klar ab. Das Volk wird in diesem Jahr entscheiden.
Alle Fraktionen sprachen sich am Dienstag im Grossen Rat gegen die zwei Volksinitiativen aus. Sie folgten damit den Anträgen des Regierungsrates. Der Grosse Rat lehnte die Initiative der Ärzte mit 107 zu 18 Stimmen ab, die Initiative der Apotheken mit 111 zu 13 Stimmen.
Im Aargau tobt ein Zwist zwischen Ärzten und Apotheken über die Abgaben von Medikamenten. Die Ärzte wollen das kantonale Selbstdispensationsverbot per Volksinitiative aufheben. Die Apotheker wollen mit ihrer Volksinitiative das geltende Abgabeverbot in der Kantonsverfassung verankern.
Kein Gegenvorschlag
Das Parlament lehnte zuvor einen Rückweisungsantrag aus den Reihen der SVP sehr deutlich ab, wonach die Regierung zu den Initiativen einen Gegenvorschlag ausarbeiten sollte. Es bestehe die Gefahr, dass das Volk zu beiden Initiativen Ja sage, hiess es.
Die Argumente gegen die beiden Initiativen blieben über die Parteigrenzen hinweg weitgehend identisch. Das Problem des Hausarztmangels solle nicht mit der Selbstdispensation gelöst werden, hiess es bei der CVP-BDP-Fraktion. Es brauche Kooperation statt Konfrontation.
Vor allem Spezialärzte würden gemäss FDP von einer Medikamentenabgabe profitieren. Die Hausärzte hätten nicht die Zeit, sich um die Weiterbildung bei den Medikamenten zu kümmern. Sowohl SVP und SP stellten sich auf den Standpunkt, wonach das Volk den Zwist um die Pillenabgabe entscheiden soll.
Vereinzelte Votanten sprachen sich für eine Selbstdispensation aus. Es gehe um die Wahlfreiheit der Patienten, hiess es etwa bei den Grünliberalen.
Hoffnung auf Stimmvolk
Das Hauptargument gegen die Initiative der Apotheker war, dass das Verbot der Medikamentenabgabe in der Kantonsverfassung verankert werden solle. Dies führe dazu, dass die geltende Regelung später nur schwer geändert werden könnte.
„Man darf dem Stimmvolk etwas zutrauen“, sagte Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli. Wenn das Volk beiden Initiativen zustimme, so würde das Begehren der Apotheker Vorrang haben. Diese Initiative will eine Änderung der Kantonsverfassung. Das Begehren der Ärzte zielt auf eine Gesetzesrevision ab.
Viele Unterschriften
Im April 2011 hatte der Aargauische Ärzteverband seine Volksinitiative „Ja zur ärztlichen Medikamentenabgabe“ eingereicht. Rund 8000 Stimmberechtigte unterzeichneten das Begehren.
Die Initiative will das kantonale Gesundheitsgesetz ändern. Ärzte sollen mit Bewilligung des Kantons eine Privatapotheke führen können. Im Aargau ist diese sogenannte Selbstdispensation derzeit verboten. Ausnahmen sind jedoch bei Notfällen möglich.
Als Reaktion auf das Anliegen der Ärzte reichte der Aargauische Apothekerverband im September 2011 eine Volksinitiative „Miteinander statt Gegeneinander“ ein. Mehr als 45’000 Stimmberechtigte unterzeichneten das Begehren.