Der umstrittene Deutschschweizer Lehrplan 21 soll im Kanton Aargau nicht eingeführt werden. Das will die kantonale Volksinitiative «JA zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» erreichen. Hinter dem Begehen stehen Einzelpersonen aus dem bürgerlich-konservativen Lager.
Man kämpfe mit der Initiative gegen den «schleichenden Niedergang des einstmals guten Bildungswesens», sagte alt Landesring-Grossrat und Bildungspolitiker Bruno Nüsperli vom Initiativkomitee am Mittwoch vor den Medien in Aarau.
Die Initiative ebne «den Weg zurück zu einer guten Schuldbildung». Es gehe darum, die schlafende Mehrheit aufzuwecken. Das Aargauer Volk müsse über eine allfällige Einführung des Lehrplanes 21 entscheiden können.
Dem Komitee gehören bislang rund 40 Personen an, darunter Lehrpersonen und einzelne Mitglieder aus den Reihen von EVP, SVP und FDP. Das eher konservativ ausgerichtete Komitee will sich nach eigenen Angaben jedoch nicht von einer politischen Partei vereinnahmen lassen.
Nur eine Fremdsprache auf Primarstufe
Die Initiative schlägt einen neuen Paragraphen zum «Lehrplan» im kantonalen Schulgesetz vor. Darin werden unter anderem die Fächer aufgezählt, die auf der Primar- und Oberstufe unterrichtet werden.
So soll auf der Primarstufe nur eine Fremdsprache auf dem Stundenplan stehen. Auch Religion und Ethik soll zum sogenannten Fächerkanon gehören. Über den kantonalen Erziehungsrat soll das Parlament indirekt mitreden können.
Das Parlament soll Vereinbarungen zur Harmonisierung des Lehrplans genehmigen müssen. Gegen den Entscheid soll das Referendum ergriffen werden können.
Mit dem Sammeln der Unterschriften für die Volksinitiative wird nach der Publikation der Volksinitiative im kantonalem Amtsblatt am kommenden Freitag begonnen. Innerhalb eines Jahres müssen mindestens 3000 gültige Unterschriften von Stimm- und Wahlberechtigten gesammelt werden.
Aargau gehört nicht HarmoS-Konkordat
Da der Kanton Aargau bislang nicht der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) beigetreten ist, kann der Kanton über seinen Lehrplan selbst entscheiden.
Der Regierungsrat hatte zum Schulstart vergangene Woche mitgeteilt, die Einführung des Lehrplans 21 werden um drei Jahre verschoben. Es sollten im Kanton derzeit keine weiteren Reform angeschoben werden, hiess es
Der Regierungsrat will den Lehrplan auch aus inhaltlichen Gründen erst auf das Schuljahr 2020/21 einführen. Es würden teilweise zu hohe Anforderungen an die Schüler gestellt. Praktische und handwerkliche Kompetenzen kämen zu kurz, hatte der Regierungsrat kritisiert.
Vertreter des Initiativkomitees begrüssten den Entscheid des Regierungsrates. «Aufgeschoben ist nicht aufgehoben», hiess es. Sie lehnen den Deutschschweizer Lehrplan 21 grundsätzlich ab.
Anstelle eines fächerorientierten Rahmenlehrplanes werde der gesamte Lehrstoff in Tausende von «Kompetenzen» zerhackt. Dies erschwere das Verständnis und mache die Lernenden manipulierbar. Der Lehrplan erfülle nicht die von der Bundesverfassung verlangte Harmonisierung.
Auch in anderen Kantonen Initiativen
In mehreren Kantonen werden Volksinitiativen mit dem gleichen Ziel lanciert oder sind in der Vorbereitung. Im Kanton Baselland hat die Unterschriftensammlung bereits begonnen, im Kanton St. Gallen soll diese im Oktober starten. Initiativen sind auch in den Kantonen Thurgau und Graubünden geplant.
Je nach Kanton müssen die Lehrplan-Gegner zwei Volksinitiativen lancieren, um ihr Ziel zu erreichen: Erstens für einen Austritt aus dem HarmoS-Konkordat und zweitens für einen kantonalen Lehrplan.