Abbas nennt Holocaust das «schlimmste Verbrechen der Neuzeit»

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat zum Holocaust-Gedenktag überrascht: Er erkennt erstmals öffentlich die Einzigartigkeit des Holocaust und das jüdische Leid an. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu glaubt, dahinter steckt politisches Kalkül.

Mahmud Abbas überraschte zum Holocaust-Gedenktag (Archiv) (Bild: sda)

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat zum Holocaust-Gedenktag überrascht: Er erkennt erstmals öffentlich die Einzigartigkeit des Holocaust und das jüdische Leid an. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu glaubt, dahinter steckt politisches Kalkül.

Abbas bezeichnete die Judenvernichtung während der NS-Zeit erstmals als das «schlimmste Verbrechen der Neuzeit». Er äusserte sich am Sonntag während eines Treffens mit einem Rabbiner, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete.

Israel begeht den Holocaust-Gedenktag vom Sonntag- bis zum Montagabend. Die Erklärung kam überraschend, weil arabische Führer sich in der Regel nicht zum Holocaust-Gedenktag in Israel äussern.

Dies sei eine der hochkarätigsten Erklärungen eines Palästinenserführers zur systematischen Tötung von Juden während der NS-Zeit, kommentierte die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Vor drei Jahrzehnten hatte Abbas in seiner Doktorarbeit den Holocaust relativiert und der zionistischen Bewegung vorgeworfen, sie habe mit dem Hitler-Regime kollaboriert.

Unterschiedliche Reaktionen aus Israel

Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem begrüsste Abbas‘ neue Äusserungen. «Die Leugnung des Holocaust ist leider in der arabischen Welt und auch unter Palästinensern verbreitet», teilte eine Sprecherin der Einrichtung in Jerusalem mit.

Abbas‘ Worte könnten daher einen Kurswechsel signalisieren. Man erwarte, dass sich dies auch in Webseiten der Palästinenserbehörde, Lehrplänen und im öffentlichen Diskurs spiegeln werde.

Israels Ministerpräsident Netanjahu kommentierte den ungewöhnlichen Schritt, Abbas wolle nur die Weltöffentlichkeit besänftigen. Er warf Abbas vor, er habe einen Bund mit der radikal-islamischen Hamas geschlossen, die die Judenvernichtung leugne und die Zerstörung des Staates Israel und damit einen zweiten Holocaust anstrebe. Stattdessen solle er lieber «zwischen einem Pakt mit der Hamas und einem echten Frieden mit Israel wählen».

Israel hat die im Juli unter US-Vermittlung wiederaufgenommenen Friedensgespräche mit den Palästinensern ausgesetzt. Als Grund gibt die Regierung die Bemühungen von Abbas‘ Fatah-Organisation an, sich mit ihrer Rivalin, der radikal-islamischen Hamas, auszusöhnen.

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