Die Vogesenstrasse hat jetzt nur noch ein Zigarettenautomat. Ein Nachruf.
An der Ecke St. Johanns-Ring/Vogesenstrasse bietet sich ein trauriges Bild: Wo bis vor knapp einer Woche noch ein kompakter kleiner Automat stand, der so manche weinselige Nacht mit den nötigen Glimmstängeln versorgte, steht jetzt nur noch ein nackter Zaun.
Erinnern wir uns an dieser Stelle also noch einmal kurz an die zahlreichen Abstecher zu diesem kleinen Retter in der Not, wenn die Inder- und Türkenläden des Quartiers längst ihre Türen geschlossen hatten und das blinkende Lämpchen der Alterskontrolle wie eine rettende Boje im Meer der Nacht die Strasse erhellte.
Wie viele Liebesgeschichten du wohl schon mitgekriegt hast, wie viele Gaunereien, gemopste IDs und falsche Münzen? Während sich um dich herum das Leben abspielte, sich Freundschaften schlossen und wieder auseinandergingen, war auf dich stets Verlass, eine nie versiegende Quelle, ein Fixstern im Quartier-Universum.
An einem besseren Ort als an der Vogesenstrasse bist du jetzt bestimmt nicht, vielleicht stehst du in einem dieser Yuppie-Wohnzimmer zwischen Marimekko-Bezug und Philippe-Starck-Saftpresse und erträgst schwere Kunstbände, die sich auf dir stapeln. Oder du vegetierst im Drogendunst einer gammligen Mittzwanziger-WG dahin und erduldest Kaffeeflecken und Fusstritte, weil irgendein Betrunkener an deine wertvollen Innereien will.
Wahrscheinlich ist die Wahrheit aber weit weniger spektakulär, und du stehst in einem Keller und wirst langsam zu vergessenem Material, eine Zukunft so grau wie deine glänzende Oberfläche, so hart wie deine Schale. Soweit lassen wir es hier aber nicht kommen und wünschen dir eine glänzende Zukunft: Mögest du – trotz Risiken und Nebenwirkungen – deinen neuen Eigentümern oder Anwohnern so viel Freude wie uns in all den Jahren bereiten. Wir bedienen uns ab jetzt bei deinem hässlicheren Bruder am anderen Ende der Strasse.