Ägyptens Ex-Präsident Mursi zu 20 Jahren Haft verurteilt

Ägyptens früherer Präsident Mohammed Mursi ist zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Kairo befand den Islamisten am Dienstag für schuldig, für die Entführung und Folter von Demonstranten während seiner Amtszeit im Dezember 2012 verantwortlich zu sein.

Zu 20 Jahren Haft verurteilt: Mohammed Mursi (Archiv) (Bild: sda)

Ägyptens früherer Präsident Mohammed Mursi ist zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Kairo befand den Islamisten am Dienstag für schuldig, für die Entführung und Folter von Demonstranten während seiner Amtszeit im Dezember 2012 verantwortlich zu sein.

Damit fiel das Urteil milder als von vielen Experten erwartet aus. Eine Anklage wegen Mordes, worauf die Todesstrafe gestanden hätte, wurde fallengelassen.

Neben Mursi erhielten zwölf führende Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft im selben Verfahren Haftstrafen von 20 Jahren. Unter ihnen sind der Generalsekretär der inzwischen verbotenen Partei, Mohammed al-Beltagi, und der frühere Abgeordnete Essam al-Erian.

Der 63-jährige Mursi, der beim Prozess eine weisse Häftlingsuniform trug, reckte in seiner vergitterten, schalldichten Glasbox beide Fäuste, als das Urteil verkündet wurde. Die anderen Angeklagten befanden sich in einer weiteren Box im Gerichtssaal der Polizeiakademie von Kairo.

Tatbestand des Mordes nicht erwiesen

Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten den Mord an elf Demonstranten vorgeworfen, wofür ihnen die Todesstrafe gedroht hätte. Das Gericht sah jedoch den Tatbestand des Mordes nicht als erwiesen an.

Das Verfahren bezog sich auf Zusammenstösse vor dem Kairoer Präsidentenpalast im Dezember 2012. Gegner der Muslimbrüder hatten dagegen protestiert, dass sich Mursi als Präsident weitreichende Vollmachten angemasst und damit gegen die Verfassung verstossen habe. Anhänger der Muslimbruderschaft hatten daraufhin die Demonstranten angegriffen und einige von ihnen verschleppt, gefoltert und getötet.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der meisten Angeklagten kündigten an, in Berufung gehen zu wollen.

Weitere Verfahren laufen

Es ist das erste Urteil gegen Ägyptens ersten frei gewählten Präsidenten. Wie andere Vertreter der Muslimbruderschaft muss er sich in drei weiteren Verfahren verantworten. Sie könnten mit der Todesstrafe enden.

Dabei geht es zweimal um «Spionage» des islamistischen Politikers und einmal um seinen Ausbruch aus dem Gefängnis während der Revolte 2011 gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak. Die Urteile in diesen Verfahren werden für Mai erwartet.

Mursi gewann die Präsidentenwahl im Jahr 2012 und wurde im Jahr darauf nach Massenprotesten gegen seine Regierung von der Armee gestürzt. Im Anschluss kam es zu schweren Unruhen.

Die neue Führung unter Präsident Abdel Fattah al-Sissi, der seinerzeit Armeechef war, geht massiv gegen Mursis Muslimbruderschaft vor. Mehr als 1400 Mursi-Anhänger wurden getötet, 15’000 weitere inhaftiert.

Hunderte Todesurteile in Massenprozessen

Massenprozesse, bei denen im Schnellverfahren hunderte Islamisten zum Tod verurteilt wurden, sorgten international für Proteste. Die UNO bezeichnete das Vorgehen als «beispiellos in der jüngeren Geschichte». Kritik kam auch von Menschenrechtsgruppen und Aktivisten.

Die Muslimbruderschaft betrachtet sich selbst als friedliche Bewegung und hat erklärt, an die Macht zurückkehren zu wollen. Nach dem Sturz Mursis entwickelte sich der Norden des Sinai zu einer Hochburg muslimischer Extremisten. Sie haben auf der Halbinsel bei Anschlägen Hunderte Sicherheitskräfte getötet.

Auch Verfechter eines säkularen und liberalen Ägyptens, die 2011 am Sturz des Mursi-Vorgängers Mubarak beteiligt waren, erhielten bereits die Höchststrafe. Mubarak selbst wurde im vergangenen November vom Vorwurf freigesprochen, bei den Protesten gegen ihn die Tötung hunderter Demonstranten befohlen zu haben.

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