Ägyptens Präsident Mursi ruft Volk zur Geschlossenheit auf

Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi hat sich erstmals seit Beginn der blutigen Krawalle zu Wort gemeldet. In einer Fernsehansprache am Donnerstagabend verteidigte er seine Politik. Die Mehrheit müsse entscheiden. „Ist das nicht Demokratie?“, fragte er.

Präsident Mursi bei seiner Fernsehansprache am Donnerstagabend (Bild: sda)

Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi hat sich erstmals seit Beginn der blutigen Krawalle zu Wort gemeldet. In einer Fernsehansprache am Donnerstagabend verteidigte er seine Politik. Die Mehrheit müsse entscheiden. „Ist das nicht Demokratie?“, fragte er.

Am 15. Dezember soll über die neue Verfassung abgestimmt werden. Der islamistische Präsident betonte, er beschuldige nicht alle Oppositionellen, die Kritik an dem Verfassungsentwurf der Islamisten geübt hatten. „Dies ist freie Meinungsäusserung, das ist normal, da müssen wir differenzieren“, fügte er hinzu.

Einige der bewaffneten Gewalttäter, welche die Polizei nach den Strassenschlachten festgenommen habe, hätten Kontakte zu denjenigen gehabt, „die sich selbst als politische Kräfte bezeichnen“, sagte Mursi in seiner Rede ans Volk weiter. Unter den Festgenommenen seien auch „bezahlte Schläger“. Diese seien von Anhängern des alten Regimes des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak angeheuert worden.

Ultimatum der Palastwache ignoriert

Die Proteste der Mursi-Gegner gingen auch am Donnerstagabend weiter. Erneut marschierten Tausende durch die Strassen Kairos, um sich der Demonstration vor dem Amtssitz Mursis anzuschliessen.

Die Mursi-Gegner hatten zuvor ein Ultimatum der Palastwache ignoriert, den Platz vor dem Präsidentenpalast bis zum Nachmittag zu räumen. Dort waren am Morgen sechs Kampfpanzer und zwei Schützenpanzer der Republikanischen Garde aufgefahren.

Die Eliteeinheit ist für den Schutz des Präsidenten und des Palastes zuständig. Ein Sprecher betonte, es handle sich nicht um Soldaten der Armee. Zuvor war über einen möglichen Militärputsch spekuliert worden.

Vor dem Haus von Staatschef Mursi in der Stadt Sagasig, 80 Kilometer nördlich von Kairo, ging die Polizei mit Tränengas gegen mehrere hundert Demonstranten vor, wie aus ägyptischen Sicherheitskreisen verlautete.

Mindestens fünf Tote und hunderte Verletzte

In der Nacht auf Donnerstag waren bei den Ausschreitungen in Kairo und Suez mindestens fünf Menschen getötet und 644 verletzt worden. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete sieben Tote und 771 Verletzte. Die Polizei habe 150 Personen festgenommen.

Die Krawalle vor Mursis Regierungssitz in Kairo hatten am Mittwoch begonnen. Muslimbrüder zerstörten Zelte, die Aktivisten aus Protest gegen die Machtpolitik der Islamisten vor dem Präsidentenpalast aufgebaut hatten.

Seit Tagen gibt es in Ägypten Demonstrationen für und gegen Mursis Führung. Der Präsident hatte sich zuvor per Dekret weitreichende neue Befugnisse gesichert. Die Opposition wendet sich ausserdem gegen einen neuen Verfassungsentwurf, der massgeblich die Handschrift der Islamisten trägt.

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