Basel sieht rot, buchstäblich: Bis zu 30’000 Liverpool-Fans weilen am Mittwoch in der Stadt. Im St.-Jakob-Park kämpft der FC Liverpool ab 20.45 Uhr gegen den FC Sevilla um den Europa-League-Titel.
Zum ersten Mal seit 27 Jahren findet wieder ein Europacup-Endspiel in der Schweiz statt. 1989 bezwang der FC Barcelona Sampdoria Genua in Bern vor 45’000 Zuschauern 2:0. Am Mittwoch duellieren sich in Basel der FC Liverpool und der FC Sevilla. Für beide geht es nebst dem Titel auch um die Qualifikation für die Champions League 2016/17.
Vor allem bei Liverpool steht viel auf dem Spiel. Als Achte der Premier League verpassten die «Reds» die Qualifikation für das internationale Geschäft in der Meisterschaft. Eine Niederlage gegen Sevilla brächte sie um Millioneneinnahmen, die sie auf dem Weg zurück an die englische Spitze benötigen. Auch die Europa League fände im kommenden Jahr ohne Liverpool statt.
Trainer Jürgen Klopp, der am Wochenende seine Leistungsträger geschont hatte, will sein erstes Jahr an der Anfield Road unbedingt mit einem Titel abschliessen. Er wäre der erste Deutsche, der einen englischen Klub als Trainer zu einem Titel führt. Seine letzten drei Finals mit Borussia Dortmund hat der 48-Jährige allerdings verloren.
Der FC Sevilla seinerseits hat die Möglichkeit auf den Hattrick in der Europa League. Mit vier Finalsiegen hat der Klub so oft wie kein anderer die Europa League respektive den UEFA-Cup gewonnen. Nach den Titeln 2014 und 2015 können die Andalusier gegen den FC Liverpool am Mittwoch die Europa League zum dritten Mal in Serie gewinnen. Schon bei den Triumphen 2014 und 2015 leitete Trainer Unai Emery die Geschicke des diesjährigen Siebten der spanischen Primera Division.
Im Gegensatz zu Liverpool hat Sevilla mindestens die Teilnahme an der dritten Qualifikationsrunde zur nächstjährigen Europa League auf sicher. Bei einem Sieg im Cupfinal gegen den FC Barcelona wäre ihm die Gruppenphase gewiss. Im Fall eines neuerlichen Triumphs in der Europa League ist Sevilla auf diesen Rettungsschirm nicht angewiesen. Dann geht es direkt in die Champions League.
Und die Andalusier wissen, wie es geht. Mit vier Titeln sind sie die Rekordsieger der Europa League. Sie gewannen alle ihre bisherigen Finals und greifen in Basel nach dem Titelhattrick. Dreimal in Folge setzte in der Europa League indes noch nie ein Team durch. Und in fremden Stadien bekundete der diesjährige Basel-Bezwinger in dieser Saison grössere Schwierigkeiten: Er gewann in der Liga keine einzige Auswärtspartie. Im Achtelfinal in Basel spielte er im Hinspiel 0:0.
80 Charterflüge aus England und Spanien
1989 mutierte Bern temporär zu einer spanischen Festung. Tausende Barça-Anhänger waren in die Schweiz gereist und bei Weitem nicht alle verfolgten das Spiel im Stadion. In Basel dürfte der Aufmarsch am Mittwoch noch eine Dimension grösser sein. Allein 900 Journalisten verfolgen den Final vor Ort. Die Stadt rechnet mit über 30’000 englischen Fans. Im Vergleich zum englischen Ansturm hält sich die spanische Euphorie in Grenzen – Sevilla setzte 2000 seiner 9000 Finaltickets nicht ab. 1000 davon traten die Spanier an Liverpool ab. Gleichwohl werden auch Tausende Spanier in Basel sein. Die Behörden rechnen mit rund 80 Charterflügen aus England und Spanien.
Jürgen Klopp äusserte – nachdem er in der Euphorie über den Finaleinzug zur Reise nach Basel aufgerufen hatte – Bedenken, ob die Stadt dem Andrang gewachsen ist, und appellierte an die Fans ohne Ticket, doch lieber zu Hause zu bleiben. In Basel sieht man sich aber gewappnet – auch dank der Erfahrung von 2008, als während der EM über 100’000 niederländische Fans die Stadt belagerten. Zwischen 1969 und 1984 fand zudem viermal der Final des Cup der Cupsieger in Basel statt.
Viele englische Fans werden am Mittwoch ohne Ticket bleiben. Die Stadt sorgte deshalb vor: Sie richtete drei Fanzonen ein mit je einem Public Viewing für die beiden Fan-Lager sowie einem neutralen und rief eine Freinacht aus. Lukrativ dürfte der Final in Basel vor allem für die Gastronomie-Betriebe sein. Für die Stadt bleibt neben dem Werbeeffekt wenig: Die Einnahmen gehen an die UEFA. Der europäische Fussballverband bedankt sich bei der Stadt mit dem Bau eines Mini-Fussballfeldes (Wert ca. 100’000 Franken).