Das Schweizer Stimmvolk will für die Nationalstrassen und für Verkehrsprojekte in städtischen Gebieten genügend Geld zur Verfügung stellen. Die Stimmberechtigten hiessen den Strassenfonds mit rund 62 Prozent Ja-Stimmen gut. Kein einziger Kanton sagte Nein.
Rund 1’503’700 Stimmende legten am Wochenende in Ja in die Urne und rund 923’800 ein Nein. Damit wird der neue, dauerhafte Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) in der Verfassung verankert. Der NAF soll 2018 in Kraft treten.
Ausreisser nach oben ist mit 76,9 Prozent Ja-Stimmen der Kanton Neuenburg, der vom Fonds stark profitiert. Auch in der Genferseeregion erhalten mehrere Strassenprojekte Geld – mit 74,3 Prozent war die Zustimmung zum NAF in der Waadt ebenfalls hoch. In Genf dagegen lag der Ja-Anteil lediglich bei knapp 57 Prozent.
Zug und Luzern wiederum, weitere Kantone mit mehreren Nationalstrassen-Projekten, sagten mit über 66 Prozent (Zug) und 63,4 Prozent (Luzern) Ja. In Zürich, dem Kanton mit den meisten Projekten, lag der Ja-Anteil bei 60,3 Prozent.
Die kleinsten Ja-Anteile verzeichnen die beiden Basel – mit 53,6 Prozent Basel-Stadt und mit 56,8 Prozent Basel-Landschaft. Allerdings gehen die beiden Halbkantone beim NAF ebenfalls nicht leer aus.
Jährlich 3 Milliarden
Mit dem Ja von Volk und Ständen sind die Voraussetzungen geschaffen für die Anschlusslösung für den heutigen, befristeten Infrastrukturfonds. Mit dem NAF stehen jährlich rund 3 Milliarden Franken zur Verfügung. Sie sollen einerseits für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, den Betrieb und Unterhalt von Nationalstrasssen und für die Engpassbeseitigung verwendet werden.
Zudem leistet der Bund Unterstützung für Projekte für den Agglomerationsverkehr neu aus dem NAF – in einer ersten Phase mit durchschnittlich rund 390 Millionen Franken im Jahr.
Gezielt ausgewählte Projekte erhalten vom Bund 30 bis 50 Prozent der Investitionskosten. Profitieren sollen nicht nur der Autoverkehr, sondern auch öffentliche Verkehrsmittel, Velofahrer und Fussgänger.
Höherer Benzinpreis
Eine Einnahmequelle des NAF ist der Mineralölsteuerzuschlag, der frühestens ab 2019 von 30 auf 34 Rappen pro Liter Benzin erhöht wird. Das bringt zusätzliche 200 Millionen Franken pro Jahr. Auch die Einnahmen aus der Autobahnvignette und die ab 2020 geplante neue Abgabe für Elektrofahrzeuge fliessen in den Fonds.
Neu dazu kommen die Importsteuer auf Autos sowie 10 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer. Diese Einnahmen bringen dem NAF zusätzliche 650 Millionen Franken. Je nach Bedarf ist laut Bundesrat in der Zukunft eine weitere Benzinpreis-Erhöhung notwendig.
Das Ja überrascht nicht, denn die Vorlage hatte erst nach der Parlamentsdebatte von rot-grüner Seite Gegenwind verspürt: SP und Grüne machten geltend, dass Autofahrerinnen und Autofahrer im Verhältnis zum Bund dem NAF relativ wenig Geld abliefern müssten.
Der Bundesrat hatte anfänglich eine Erhöhung des Benzinpreises um 15 Rappen pro Liter vorgeschlagen und den Mineralölsteuerzuschlag um diesen Betrag erhöhen wollen. Nach der Vernehmlassung und den Debatten im Parlament waren es dann noch 4 Rappen.
Politisches Versprechen
Vertreter von SP und Grünen argumentierten, dass der öffentlichen Hand Einnahmen entzogen würden. In den Reihen der Gegner gab es allerdings prominente Abweichler: Die SP-Ständeräte Claude Janiak (BL) und Hans Stöckli (BE) sowie Grünen-Nationalrat Daniel Brélaz (VD) engagierten sich im Ja-Komitee.
Der Bundesrat hatte die Schaffung eines neuen Strassenfonds aus mehreren Gründen beantragt: Zum einen ist der derzeitige Infrastrukturfonds für den Ausbau des Nationalstrassennetzes befristet und die Reserven zum grössten Teil aufgebraucht.
Zum zweiten wollte der Bundesrat das politische Versprechen einlösen, ein Gegenstück zum Bahninfrastruktur-Fonds zu schaffen. Ein Fonds hat unter anderem den Vorteil, dass die Finanzierung in der Verfassung verankert und damit dem politischen Verteilkampf weniger ausgeliefert ist.
Netzbeschluss unter Dach
Zum dritten braucht der Bund mehr Geld für die Nationalstrassen. Derzeit sinken die Einnahmen, weil die Autos immer weniger Treibstoff verbrauchen und damit weniger Steuereinnahmen fliessen. Auf der anderen Seite nimmt der Verkehr zu, was den Unterhalt teurer macht.
Mit dem Ja zum NAF ist nun auch der Netzbeschluss unter Dach, mit dem der Bund rund 400 Kilometer Strasse von den Kantonen übernimmt. Er war 2013 an der Urne abgelehnt worden, zusammen mit dem höheren Preis für die Autobahnvignette. Das Parlament hatte den Netzbeschluss nachträglich in die NAF-Vorlage eingefügt.
Die Kantone leisten einen Kompensationsbeitrag für die Erweiterung des Nationalstrassennetzes. Auch dieses Geld fliesst in den NAF.