Nach über zwei Jahren kollidieren am CERN wieder die Protonen. Am Mittwochmorgen prallten die Teilchen am LHC, dem stärksten Beschleunigerring der Welt, erstmals mit der noch nie dagewesenen Energie von 13 TeV aufeinander.
Der LHC werde nun während drei Jahren rund um die Uhr laufen, teilte das Teilchenforschungsinstitut CERN bei Genf mit. Damit können die Experimente nun wieder Daten sammeln, um neuen physikalischen Phänomenen auf die Spur zu kommen – die womöglich noch spannender sind als die Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012.
Um 10.40 Uhr am Mittwoch deklarierten die Betreiber des Large Hadron Colliders (LHC) «stabile Protonenstrahlen». Dies war das Signal, dass nun wieder experimentelle Daten gesammelt werden können – erstmals bei einer Beschleunigungsenergie von 13 Teraelektronenvolt (TeV), fast dem Doppelten wie beim letzten Durchlauf.
Die Protonenstrahlen bestehen aus Protonenbündeln, die mit annähernder Lichtgeschwindigkeit durch den 27 Kilometer langen LHC-Tunnel rasen. Am Mittwoch war der LHC mit sechs solchen Bündeln gefüllt, die jedes an die 100 Milliarden Protonen enthielten. Diese Rate soll fortlaufend auf 2808 Bündel erhöht werden, was es dem LHC erlaubt, bis zu einer Milliarde Kollisionen pro Sekunde zu produzieren.
«Zeit für neue Physik»
«Es ist Zeit für neue Physik», schwärmte CERN-Generaldirektor Rolf Heuer in der Mitteilung. Der erste Durchlauf, der zur Entdeckung des Higgs-Bosons geführt hat, sei dagegen nur der Beginn der Reise gewesen. Das Higgs-Boson war das letzte noch nicht entdeckte Puzzlestück im Standardmodell der Teilchenphysik, der Theorie, die sämtliche sichtbare Materie des Universums und ihre Wechselwirkungen erklärt.
«Lasst uns sehen, was uns die nun fliessenden Daten über das Funktionieren unseres Universums erzählen werden», sagte Heuer. Mit dem nun gestarteten zweiten Durchlauf wollen die Physiker das Standardmodell weiter erforschen – und vor allem nach Physik suchen, die darüber hinaus geht.
Diese könnte Phänomene wie die bisher unbekannte Dunkle Materie erklären, die gemäss Beobachtungen ein Viertel der Masse des Universums ausmachen muss, oder das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie, ohne welches wir nicht existieren würden. Denn eigentlich sind beim Urknall genau gleich viel Materie wie Antimaterie entstanden, die sich beim Aufeinandertreffen auslöschen.
Auch die vier grossen Experimente am LHC – ALICE, ATLAS, CMS und LHCb – wurden während der Pause gewartet und auf das neue Energielevel vorbereitet. «Wir können uns jetzt in die neuen Daten stürzen, um zu sehen, was diese für uns bei diesen neuen, unerforschten Energien bereithalten», sagte ATLAS-Sprecher Dave Charlton in der Mitteilung.