Um eine Flut zu überstehen, ballen sich manche Ameisenarten zu einem Floss zusammen. Dabei merken sich die Tiere offenbar, welche Position sie innehatten, und nehmen das nächste Mal die gleiche ein, wie Forscher der Universität Lausanne berichten.
In einem Notfall ist Teamwork gefragt und jeder muss zuverlässig seine Aufgabe erfüllen. Ein beeindruckendes Beispiel dafür findet man bei Ameisen, die aus ihren Körpern Strukturen wie Leitern, Ketten oder Flösse bauen. Im Fachjournal «The Science of Nature» berichten Wissenschaftler, dass sich Ameisen offenbar an ihre Position in solchen Strukturen erinnern können.
Ein Forscherteam um Amaury Avril von der Universität Lausanne hat dieses Erinnerungsvermögen am Beispiel der «Aschgrauen Sklavenameise» Formica selysi entdeckt. Diese Spezies kommt in Überflutungsgebieten in Zentral- und Südeuropa vor und bildet Flösse, um Fluten zu überleben.
Zwei Fluten
Im Labor setzten die Forschenden die Tiere zweimal einer künstlichen Überschwemmung aus und beobachteten beide Male die Anordnung der Ameisen in dem Floss, zu dem sie sich zusammenschlossen. Durch Markierungen am Hinterleib der Insekten konnten die Wissenschaftler erkennen, dass beim zweiten Mal die gleichen Arbeiterinnen wieder die obere, mittlere, untere oder seitliche Position einnahmen.
Nicht nur das: Wenn Brut oder noch nicht ganz ausgewachsene Ameisen dabei waren, passten die Tiere ihre Position und die Form ihres Flosses an. Das nächste Mal wiederholten sie diese Anordnung, auch wenn dann keine Brut anwesend war. Die Forschenden interpretieren diese Beobachtung als Hinweis auf eine Gedächtnisleistung.
Königin in die Mitte
«Diese kunstvollen Flösse sind eines der visuell erstaunlichsten Beispiele für Kooperation bei Ameisen», sagte Studienautorin Jessica Purcell, die mittlerweile an der University of California Riverside forscht, in einer Mitteilung derselben.
In einer früheren Studie hatte die gleiche Forschergruppe zeigen können, dass die Ameisen das wertvollste Mitglied ihres Staats, die Königin, besonders schützen, indem sie sie in die Mitte des Flosses nehmen. Andererseits positionieren sie die schwächsten Mitglieder an der Basis: die Brut. Deren Auftrieb nutzen die Arbeiterinnen aus, um das Floss über Wasser zu halten. Zu schaden scheint das der Brut aber nicht.