Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der nigerianischen Militärführung Kriegsverbrechen im Kampf gegen die Extremistengruppe Boko Haram vorgeworfen. Gefangene seien rechtswidrig getötet worden und ranghohe Offiziere hätten davon gewusst.
Seit dem Jahr 2011 seien mindestens 7000 Männer und Jungen im Militärgewahrsam verhungert, erstickt oder zu Tode gefoltert worden, hiess es in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht der Gruppe.
Weitere 1200 Festgenommene wurden demnach seit dem Jahr 2012 «rechtswidrig von Soldaten getötet». Es seien «zahlreiche Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentiert, die das nigerianische Militär im Kampf gegen Boko Haram verübt hat», erklärte Amnesty.
Ranghohe Offiziere müssten von den Verbrechen zumindest gewusst haben. Konkret forderte die Organisation Ermittlungen gegen neun namentlich genannte Soldaten, darunter Generalstabschef Marshal Badeh und Heeresstabschef Ken Minimah.
Der Bericht basiert laut Amnesty auf jahrelangen Recherchen sowie der Analyse zugespielter Militärberichte und -korrespondenzen. Zudem führte die Gruppe nach eigenen Angaben mehr als 400 Interviews mit Betroffenen, Augenzeugen und ranghohen Vertretern der nigerianischen Sicherheitskräfte.
Nun gehe es «um mehr als nur um die strafrechtliche Verantwortung einzelner», erklärte Amnesty. Die Staatsführung müsse entschieden handeln, «um der weit verbreiteten Kultur der Straflosigkeit innerhalb der nigerianischen Streitkräfte ein Ende zu setzen».
Boko Haram kämpft seit Jahren mit Gewalt für die Errichtung eines islamistischen Staates im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit 2009 tötete die Gruppe bei Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen nach UNO-Angaben mehr als 15’000 Menschen.