60 Minuten und ein Sieg in Gummersbach trennen Andy Schmid vom wichtigsten Titel seiner Karriere. Schmid steht mit den Rhein-Neckar Löwen dicht vor dem erstmaligen Triumph in der Handball-Bundesliga.
Nach 33 Runden ist Schmids Equipe punktgleich mit dem THW Kiel klassiert, besitzt dank der um sieben Treffer besseren Tordifferenz aber leichte Vorteile. Von einer solchen Konstellation hat der Captain des Schweizer Nationalteams seit der zunächst schwierigen Ankunft in Mannheim vor vier Jahren geträumt: «Kiel ist das Bayern München des Handballs. Dieses Star-Ensemble in der Meisterschaft zu schlagen, wäre etwas Grossartiges.» Kein anderer Verein in Deutschland hat während der letzten zwei Dekaden mehr Trophäen angehäuft als der THW: 15 Meistertitel, neun Cupsiege, drei Champions-League-Siege, drei EHF-Cup-Erfolge.
Ohne Vorwarnung kommt der mögliche Umsturz auf Klubebene gleichwohl nicht. Das von Schmid angeführte Mannheimer Löwen-Rudel hat den Zebras aus dem Norden in dieser Saison mehr als einmal zugesetzt. Beim Cup-Achtelfinal-Out gegen Rhein-Neckar bezogen die Kieler die erste Heimniederlage seit mehr als 23 Jahren. Jener Prestige-Sieg vor dem Jahreswechsel löste einen gewaltigen Schub aus. Seit Dezember und 16 Runden in Folge ist der Leader ohne Verlustpunkt.
Dem Rekord-Champion Kiel hingegen droht im Fern-Duell mit dem Klub, der 2012 wegen des überraschenden Rückzugs eines dänischen Financiers wirtschaftlich erheblich zurückbuchstabieren musste, der nächste Knock-out. In der Partie gegen die auswärts fast immer überzeugenden Füchse Berlin wird der Dominator der letzten 20 Jahre mutmasslich auf mehr Widerstand treffen als die Baden-Württemberger gegen die Nummer 12 der Liga.
Chef-Stratege Schmid
Schmid ist kurz vor dem Ende eines nahezu perfekt verlaufenen Championats wild entschlossen, elf Jahre nach Marc Baumgartner und Carlos Lima (beide mit dem TBV Lemgo) als nächster Schweizer den Bundesliga-Thron zu besteigen. «Es wäre die Krönung der besten Saison meines Lebens», erklärte der 30-Jährige gegenüber der Sportinformation.
Ein letztes Mal wird Schmid tief in die Trickkiste greifen müssen. Mit 145 Treffern und zahllosen Assists ist der zentrale Aufbauer massgeblich für das Spektakel in der SAP-Arena verantwortlich – der Innerschweizer Stratege gilt als verlängerter Arm des isländischen Trainers Gudmundur Gudmundsson, der im Sommer zum dänischen Verband wechseln wird.
Für den früheren deutschen Weltklasse-Flügel und heutigen TV-Experten Stefan Kretzschmar steht Schmid bereits vor der Finalissima als Gewinner der Meisterschaft fest: «Andy Schmid ist für mich der beste Mittelmann der Liga. Kaum Aussetzer, immer am oberen Limit, immer auf Top-Niveau.»