Im Mordprozess gegen den südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius hat die Anklage den Vorwurf der vorsätzlichen Tötung noch einmal erhärtet. Eine Nachbarin sagte am Montag aus, sie habe in der Tatnacht erst Schüsse und dann Schreie einer Frau gehört.
Anschliessend seien weitere Schüsse gefallen, sagte Anette Stipp. Mit ihrer Aussage stützte Stipp die Version früherer Zeugen, die erst Schreie, dann einen Schuss gefolgt von Angstschreien einer Frau und drei weiteren Schüssen gehört hatten.
Zugleich erschütterte sie die Darstellung von Pistorius, wonach er seine Freundin Reeva Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag vergangenen Jahres für einen Einbrecher gehalten und daraufhin geschossen habe.
Die Verteidigung hatte argumentiert, die Schüsse seien so schnell abgefeuert worden, dass die 29-jährige Steenkamp keine Zeit mehr gehabt habe, zu schreien und ihren Freund darauf aufmerksam zu machen, dass sie im Badezimmer war.
Ausserdem machten Pistorius‘ Anwälte geltend, dass der Angeklagte selbst „wie eine Frau“ schreie, wenn er in Panik gerate. Stipp beharrte bei ihrer Aussage vor Gericht jedoch darauf, dass nach der ersten Salve „ganz klar eine Frau“ und „erst vor der zweiten Salve ein Mann“ geschrien habe.
Im Haus von Pistorius seien danach die Lichter angegangen, das Badezimmerfenster sei offen gewesen.
Steenkamp hatte Angst
Ein Handyexperte deckte am Montag zudem auf, dass Steenkamp Angst vor ihrem Freund hatte. „Ich habe manchmal Angst vor Dir und davor, wie Du mir gegenüber reagierst“, schrieb das Model demnach wenige Monate vor ihrem Tod in einer SMS.
Pistorius hatte stets betont, die Beziehung zu der 29-Jährigen sei glücklich gewesen. Stipp gehörte zu den letzten Zeugen der Anklage. Die Staatsanwaltschaft will nach eigenen Angaben ihre Beweisaufnahme in dieser Woche beenden; anschliessend ist die Verteidigung an der Reihe mit der Präsentation von Zeugen.
Prozess verlängert
Der Prozess dauert bereits länger als geplant und wird um sieben Wochen bis zum 16. Mai verlängert. Wie das Gericht in Pretoria am Sonntag bekanntgab, wird das Verfahren vom 24. März bis zum 4. April fortgesetzt und dann wegen Schliessung des Gerichts für zehn Tage unterbrochen.
Vom 14. April bis zum 16. Mai würden die Verhandlungen dann wieder aufgenommen. Ursprünglich sollte der Prozess nach drei Wochen am 20. März zu Ende sein.
Der 27-jährige Pistorius muss sich seit Anfang März vor Gericht verantworten. Der unterhalb der Knie amputierte Sprintstar hatte seine Freundin Reeva Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag vergangenen Jahres durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen.