Die Verteidiger der seit Wochen umkämpften syrischen Stadt Kobane erhalten Verstärkung: Schwer bewaffnete kurdische Peschmerga-Kämpfer waren am Mittwoch unterwegs in die von den IS-Dschihadisten bedrängte Stadt an der Grenze zur Türkei.
Ihnen vorausgegangen waren Mitglieder der Freien Syrischen Armee (FSA), die für den Sturz der syrischen Regierung kämpfen. Etwa 150 FSA-Kämpfer hätten in der Nacht die Grenze bei Mürsitpinar in der Türkei nach Syrien passiert, sagte ein türkischer Behördenvertreter vor Ort.
In der Nacht waren auch die ersten Peschmerga-Kämpfer aus dem Irak auf dem Flughafen Sanliurfa im Süden der Türkei eingetroffen. Sie fuhren umgehend mit drei Bussen weiter zur türkisch-syrischen Grenze. Begleitet wurden sie von gepanzerten Fahrzeugen der türkischen Armee.
Ein anderer, aus 40 Fahrzeugen bestehender Konvoi mit Peschmergakämpfern, Maschinengewehren, schwerer Artillerie und Raketenwerfern war vom nordirakischen Erbil aus in Richtung Kobane unterwegs. In der Türkei begrüssten hunderte Kurden den Konvoi begeistert.
Türkei beugte sich US-Druck
Das kurdische Nachrichtenportal Welati berichtete, der IS bombardiere die Grenze, um die Verstärkung aufzuhalten. Die IS-Kämpfer hatten mit einem Massaker an den Kurden in Kobane gedroht, wenn sie die Stadt einnähmen.
Angesichts dieser Drohung hatten die USA Druck auf die Türkei ausgeübt, die Peschmerga-Kämpfer nach Kobane zu lassen. Vergangene Woche hatte Ankara die Erlaubnis gegeben, dass die Peschmerga über ihr Staatsgebiet verlegt werden dürfen.
Die türkische Regierung tut sich generell schwer mit Hilfe für Kobane, da die dortigen Volksschutzeinheiten mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden sind. Diese ist in der Türkei als Terrororganisation verboten.
Angriff auf Ölfeld
Unterdessen dauerten die Kämpfe im Zentrum, im Süden und im Norden von Kobane an, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Den Angaben zufolge flog die von den USA angeführte Militärkoalition Luftangriffe auf mutmassliche IS-Stellungen im Nordosten der Stadt, nicht weit vom Hauptgrenzübergang in die Türkei.
Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Bei einem Angriff von IS-Kämpfern auf ein Öl- und Gasfeld in der westlichen Provinz Homs wurden nach Angaben von Aktivisten mindestens 30 regierungstreue Wachleute und Milizionäre getötet. Den Dschihadisten sei es gelungen, «einen Teil des Felds unter Kontrolle zu bringen», teilte die Beobachtungsstelle mit.
Der IS kontrolliert in Syrien bereits mehrere Öl- und Gasfelder. Aus dem Verkauf der Rohstoffe finanzieren sich die Extremisten grösstenteils. Nach US-Angaben brachte das auf dem Schwarzmarkt verkaufte Erdöl den Dschihadisten seit Juni täglich etwa eine Million Dollar ein.
Im Irak versuchen Soldaten und schiitische Milizionäre nach Angaben eines Offiziers, die Stadt Baidschi vom IS zurückzuerobern. In deren Nähe befindet sich die grösste Ölraffinerie des Landes. IS-Kämpfer haben die Stadt im Juni erobert und die von Soldaten verteidigte Raffinerie eingekesselt.
Massaker im Westirak
Nach Behördenangaben richteten die Dschihadisten in der westirakischen Stadt Hiet mindestens 46 Menschen hin – Sicherheitskräfte und Angehörige eines sunnitischen Stammes, der sich gegen die Extremisten erhoben haben soll.
Die Nachrichtenseite Al-Mada berichtete, die Extremisten hätten ihre Opfer zusammengetrieben und erschossen. Fotos im Internet zeigten Tote mit verbundenen Augen. Hiet liegt westlich von Bagdad in der Provinz Al-Anbar, einer der IS-Hochburgen.