Laut dem Verteidiger von Raoul Weil hat einzig eine kleine Gruppe von Untergebenen des ehemaligen Topbankers der Grossbank UBS in den USA rechtswidrig gehandelt – und dies ohne Wissen ihres Chefs.
In seinem Eröffnungsplädoyer ging der Hauptanwalt der Verteidigung, Aaron Marcu, hart ins Gefecht mit den ehemaligen UBS-Mitarbeitern, die im Prozess gegen Weil, den einstigen CEO der UBS-Vermögensverwaltung, aussagen werden.
Diese Banker – allen voran der ehemalige Chef des Überseegeschäftes mit Nordamerika, Martin Liechti, der frühere UBS-Banker und spätere Neue Zürcher Bank-Chef Hansruedi Schumacher und Michel Guignard, einstiger UBS-Regionalmanager für Nordamerika, – hätten zum eigenen Profit die Regeln der Bank und die Gesetze der USA gebrochen.
Sie hätten Amerikanern geholfen, Scheinfirmen zu gründen und die US-Behörden zu betrügen. Weil – dem Liechti direkt unterstellt war – soll dabei über die Machenschaften seiner Untergebenen nicht informiert worden sein. Sowohl Liechti als auch Schumacher und Guignard wurden selber von der US-Justiz angeklagt und hart ins Verhör genommen, bevor sie sich entschlossen mit den amerikanischen Behörden zusammen zu arbeiten.
«Betrüger als Zeugen»
«Nun versuchen sie die Schuld für ihre Vergehen Raoul Weil in die Schuhe zu schieben, um ihre eigene Haut zu retten», sagte Marcu zum Prozessauftakt am Dienstag vor Richter James Cohn in Fort Lauderdale. Die Staatsanwaltschaft bringe genau jene Kriminellen als Zeugen, die die Betrügereien eingefädelt hätten.
Vor Marcu hatte Staatsanwalt Mark Daly in seinem Plädoyer ein Vorgehen von UBS-Kundenberatern in den USA beschrieben, das zuweilen an «James Bond»-Streifen und Hollywood-Filme erinnerte.
So seien die UBS-Berater mit Computern eingereist, in denen sich eine zweite geheime Festplatte befand, auf die nur mit einem Passwort zugegriffen werden konnte. Ein zweites Passwort – dem ersten bis auf einen Buchstaben ähnlich – habe die geheimen Daten auf dieser Festplatte restlos gelöscht.
Treffen auf Kunstmessen und Tennisturnieren
Die Kundenberater hätten sich gegenüber den Behörden nicht als UBS-Mitarbeiter ausgegeben. Mit ihren Kunden hätten sie sich an Kunstmessen, Tennisturnieren und hinter verschlossenen Türen in Hotels getroffen.
Laut Daly sei Weil wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Übersee-Geschäft nicht regelkonform sei. Er habe die Chance gehabt, dieses Geschäft einzustellen oder zu verkaufen. Da es der UBS aber viel Geld eingebrachte, habe Weil dies unterlassen.
Am Mittwochmorgen werden die ersten Zeugen im Prozess aufgerufen. Als Erster wird Hansruedi Schumacher erwartet. Auch Guignard, Liechti und weitere ehemalige UBS-Mitarbeiter stehen auf der Liste der Zeugen der Staatsanwaltschaft.
Auch für die Verteidigung werden Zeugen zur Entlastung von Weil auftreten. Drei davon werden per Videoschaltung aus London vor Gericht aussagen, weil sie befürchten, bei einer Reise in die USA selbst von den Behörden aufgegriffen zu werden.
Der Prozess vor dem Bundesbezirksgericht in Fort Lauderdale, Florida, dauert voraussichtlich drei bis vier Wochen. Weil droht eine Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Die ehemalige Nummer 3 der UBS plädiert auf nicht schuldig.