Die Schweizer Wirtschaft braucht aus Sicht des Arbeitgeberverbandes und einzelner Kantone mehr ausländische Fachkräfte von ausserhalb des EU- und EFTA-Raumes. Die Arbeitgeber fordern deshalb für 2017 eine Erhöhung der Kontingente für Erwerbstätige aus Drittstaaten.
Mit Blick auf «die Bedürfnisse der Wirtschaft und zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Schweiz» müssten im kommenden Jahr wieder mehr Kontingente zur Verfügung stehen, fordert der Schweizerische Arbeitgeberverband in einer Stellungnahme.
Bei der Drittstaaten-Zuwanderung handle es sich um einen sehr kleinen Teil der Zuwanderung «höchst qualifizierter Personen», welche der hiesige Arbeitsmarkt nicht in genügendem Ausmass bieten könne. Diese Spezialisten seien keine Konkurrenz zu den inländischen Arbeitskräften.
Sie seien jedoch für die Weiterentwicklungen einzelner Unternehmen in der Schweiz oder deren Zugang zu neuen Märkten vital. Wenn sie wegbleiben, müssten Unternehmensbereiche oder Projekte ins Ausland verlegt werden. So verliere die Schweiz «wertvolles Wissen, Wertschöpfung und letztlich auch Arbeitsplätze für inländische Arbeitskräfte».
Zurück zum Niveau von 2014
Im vergangenen wie auch im laufenden Jahr habe sich gezeigt, dass die jährlichen Höchstzahlen für Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen für erwerbstätige Personen aus Drittstaaten ungenügend waren, schreibt der Verband weiter.
2016 seien bereits mehr Kontingente bezogen worden als im Vorjahr. So seien in Basel die kantonalen Kontingente für das laufende Jahr bereits im Februar ausgeschöpft gewesen. Im März war dies laut dem Arbeitgeberverband der Fall für den Kanton Genf und im April für den Kanton Zürich.
Die Arbeitgeber fordern deshalb in einer Anhörung des Staatssekretariats für Migration (SEM), diese Kontingente für 2017 wieder auf das Niveau des Jahres 2014 anzuheben. Die Anhörung von Sozialpartnern und Kantonen dient dem Bundesrat dazu, im Herbst die jährlichen Höchstzahlen für Fachkräfte aus Drittstaaten festzulegen.
Seit 2015 kleinere Kontingente
Der Bundesrat hatte die Kontingente nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative für das Jahr 2015 gekürzt und dafür bei den Kantonen für Kritik gesorgt. Im Hinblick auf die Kontingente für 2016 hätte eine Mehrheit der Kantone und Sozialpartner gerne eine Erhöhung gesehen.
Der Bundesrat hielt die Kontingente für Fachkräfte aus Drittstaaten allerdings stabil und gestattete 2500 Aufenthaltsbewilligungen (B-Ausweise) und 4000 Kurzaufenthaltsbewilligungen (L-Ausweise).
Er begründete seinen Entscheid damit, dass «eine Erhöhung dem Ziel einer besseren Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials zuwiderlaufen würde».
SGB will mehr B-Ausweise
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) erneuert seine Forderung nach einer Erhöhung des Kontingents von B-Ausweisen auf das Niveau von 2014, als das Kontingent noch bei 3500 Aufenthaltsbewilligungen lag. Die Kurzaufenthaltsbewilligungen (L-Ausweise) können aus Sicht des Gewerkschaftsbundes auf dem aktuellen Niveau belassen werden.
Unbefristete Arbeitsverträge machten es Arbeitnehmenden ohne Schweizer Pass einfacher, sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen zu wehren, begründet der SGB seine Forderung. Er setze sich nicht nur für Lohn- und Arbeitsplatzsicherheit ein, sondern auch für stabile Einstellungsbedingungen.
Ziel sei eine maximale Arbeitsintegration der in der Schweiz wohnhaften Arbeitskräfte – egal ob es sich um Migranten, Frauen, Junge oder Senioren handle. Gleichzeitig sei eine Verstärkung der flankierenden Massnahmen zur Bekämpfung von Lohndumping unumgänglich, hält der SGB in seiner Stellungnahme fest.
Unzufriedene Pharmabranche
Am Donnerstag hatte sich Roche-Konzernchef Severin Schwan zum Thema geäussert. Die Rekrutierung hochqualifizierter Arbeitskräfte bereite ihm Sorgen, sagte er vor Medien in Basel. Dass die Kontingente für diese gekürzt wurden, könne er nicht verstehen.
In der Schweiz selbst finde Roche nicht genügend Leute, machte Schwan in ungewohnt deutlichen Worten klar. Ohne genügend Fachkräfte aus dem Ausland könne das Unternehmen seine Aktivitäten in der Schweiz nicht im bisherigen Rahmen aufrechterhalten. Er bedauere, dass der Bund «falsche Signale» setze.
Die Anhörung läuft noch bis am 26. Juli.