Nach heftigen Protesten gegen die Erhöhung des Strompreises in Armenien hat Präsident Sersch Sarkisian die umstrittene Massnahme vorläufig gestoppt. Die Regierung werde vorübergehend «die Last tragen», sagte Sarkisian am Samstag.
Unterdessen solle überprüft werden, «wie berechtigt die Preiserhöhung ist und was ihre Konsequenzen für die Wirtschaft des Landes sind». Seit gut einer Woche demonstrieren tausende Menschen in der Südkaukasus-Republik, die schwer durch die Wirtschaftskrise in Russland getroffen worden ist, gegen die 16-prozentige Anhebung des Elektrizitätspreises.
«Die Annullierung der Preiserhöhung ist extrem gefährlich», sagte Sarkisian dem Kabinett. Sollte die Prüfung ergeben, dass die Erhöhung berechtigt sei, würden die Konsumenten die Kosten tragen müssen, warnte der Präsident.
«Forderung bleibt gleich»
Demonstranten wiesen am Samstagabend die Ankündigung als unzureichend zurück und forderten die komplette Annullierung der Erhöhung. «Wir werden gewinnen!», riefen die rund 10’000 Menschen, die sich in der Hauptstadt Eriwan nahe dem Präsidentenpalast versammelten.
«Unsere Forderung bleibt gleich: Die Entscheidung zur Erhöhung des Strompreises muss revidiert werden», sagte der Aktivist Baginak Schuschanian der jubelnden Menge.
Wasserwerfer gegen Demonstranten
Die Proteste hatten sich ausgeweitet, nachdem die Polizei am Dienstag mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen war. Es sind die grössten Demonstrationen in der früheren Sowjetrepublik seit Jahren. Die EU, die USA und die OSZE äusserten sich besorgt über das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten.
Armeniens Elektrizitätsgesellschaft erklärte die Preiserhöhung mit dem starken Wertverlust der Landeswährung Dram. Die Gesellschaft gehört dem halbstaatlichen russischen Konzern Inter RAO.
Armenien bezieht einen Grossteil seiner Energie aus Russland, das auch sein wichtigster Handelspartner ist. Die Wirtschaftskrise in dem grossen Nachbarstaat, die durch die westlichen Sanktionen und die niedrigen Ölpreise ausgelöst wurde, hat auch die armenische Volkswirtschaft schwer getroffen.