Auch wenn in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo für (morgen) Donnerstag eine kurze Feuerpause angekündigt ist: Syriens Präsident Baschar al-Assad spricht im Schweizer Fernsehen (SRF) von der Verpflichtung, die aufständischen «Terroristen» aus Aleppo zu vertreiben.
«Wir müssen die Terroristen angreifen, das ist offensichtlich», sagt Assad in einem Interview mit der SRF-Sendung «Rundschau» vom Mittwochabend. Nur so könne man das syrische Volk beschützen, das «von den Terroristen getötet und gänzlich kontrolliert» werde. Das syrische Regime bezeichnet generell alle Gegner als «Terroristen», auch die Rebellen.
«Wenn sie irgendjemanden haben, der Maschinengewehre oder Waffen trägt und Menschen unter irgendwelchen Titeln tötet und Vandalismus begeht und öffentliches oder privates Eigentum zerstört: Das ist ein Terrorist», sagt Assad im Gespräch. Von Opposition könne man darum nicht sprechen. Über eine «freie, echte Opposition» verfüge Syrien aber sehr wohl. «Wir haben sie und Sie können sie treffen und können sie filmen.»
Gegen Bezeichnung «Kriegsverbrecher»
Assads Armee hat mit russischer und iranischer Hilfe die Angriffe auf Aleppo zuletzt verstärkt und dabei die Lage der Zivilbevölkerung noch schlimmer gemacht. UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon sprach von Kriegsverbrechen.
Die Bezeichnung «Kriegsverbrecher» weist Assad zurück. Er beruft sich dabei auf das Völkerrecht, das es der syrischen Regierung erlaube, das Land gegen «Terroristen» zu verteidigen, die «als Stellvertreter für andere Länder in Syrien einmarschiert sind».
Dass Millionen von Menschen aus Syrien flüchteten, liege nicht an seiner Person, sondern an den «Aktivitäten» der «Terroristen». Letztere würden die Menschen «direkt» töten und das Leben in Syrien durch Attacken auf Infrastruktur «in jedem Sektor» lahmlegen. Schliesslich sei es auch das Embargo «des Westens», das die Leute dazu zwinge, «ihre Lebensgrundlage ausserhalb von Syrien zu suchen».
«Fehler gibt es immer»
Angesprochen auf die Bombenangriffe auf Spitäler in Aleppo, bei welchen in den vergangenen Wochen zahlreiche Zivilisten getötet wurden, weist Assad jegliche Verantwortung von sich. Man könne einem «solch grausamen Krieg» nicht fünfeinhalb Jahre lang standhalten, während man seine eigenen Leute umbringe, sonst verliere man als Regierung den Krieg.
Das Völkerrecht sei zu befolgen, doch Fehler gebe es immer. Dass in Aleppo unschuldige Zivilisten sterben, räumt Assad ein. Unschuldige Opfer seien zu bedauern, jeder Krieg sei ein schlechter Krieg.
Den Vorwurf, Chemiewaffen eingesetzt zu haben, weist Assad von sich. Hierzu gebe es «nicht den Hauch eines Beweises». Auch den Einsatz von Fassbomben streitet der Machthaber ab. «Dass wir auf Flächenbombardements setzen, ist eine Behauptung des Westens, um zu zeigen, dass wir wahllos Zivilisten töten.»
Beim Thema Foltergefängnisse – die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von 18’000 Toten – verweist Assad darauf, dass entsprechende Berichte «nicht unabhängig» und «nicht unparteiisch» seien. Ob das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang erhalten soll, habe man intern noch nicht diskutiert.
Ungebrochener Glaube an Sieg
Er glaube weiterhin an eine diplomatische Lösung des Kriegs, versichert Assad. Möglich sei ein Dialog aber ausschliesslich mit politischen Parteien und Kämpfern, die bereit sein, ihre Waffen abzugeben. Mit Terrorgruppierungen wie Al-Kaida, Al-Nusra oder dem Islamischen Staat (IS) könne man deshalb nicht verhandeln.
Die für Donnerstag angekündigte kurze Waffenruhe für Aleppo sei ein «wichtiger Schritt», damit Hilfsgüter die Menschen in verschiedenen Vierteln der Stadt erreichen könnten. Zivilisten sollten zudem in «von der Regierung kontrollierte Gebiete» wechseln können.
Seit die Gewalt in Syrien vor mehr als fünf Jahren ausbrach, starben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 290’000 Menschen. Andere Schätzungen gehen von rund 400’000 Toten aus. Fast ein Drittel der Opfer sind demnach Zivilisten.
Er sei sicher, den Krieg in Syrien zu gewinnen, sagt Assad. «Wenn du das nicht glaubst, verlierst du. Ein Teil des Krieges besteht darin, an den Sieg zu glauben. Darum ist es offensichtlich, dass man einfach daran glauben muss.»
Keine Zensur
Das Interview mit Assad führte die «Rundschau» nach SRF-Angaben am Dienstag in Damaskus. Das syrische Informationsministerium habe die genaue Dauer des Gesprächs festgelegt und darauf bestanden, dass Letzteres in der Schweiz in voller Länge ausgestrahlt werden müsse. Zensur habe es keine gegeben, jede Frage sei zugelassen worden.