Irgendwie war im Netz der Eindruck entstanden, Wikileaks-Gründer Julian Assange wolle am Dienstag eine grosse Enthüllung über Hillary Clinton veröffentlichen. Doch bei der Geburtstags-Feier der Enthüllungs-Plattform in Berlin blieb es bei Ankündigungen.
In den kommenden Monaten werde es eine Vielzahl neuer Veröffentlichungen auf der Enthüllungs-Plattform geben, sagte Assange am Dienstag in einer Live-Übertragung nach Berlin. Insgesamt lägen rund eine Million Dokumente vor, die noch dieses Jahr veröffentlicht werden sollten und die «ganz entscheidenden Einfluss auf aktuelle Geschehnisse haben», sagte Assange.
Die Dokumente würden Einfluss auf drei mächtige Organisationen in verschiedenen Ländern haben und es werde eben auch um die Wahl in den USA gehen. Assange machte aber keine näheren Angaben dazu, um welche Art von Informationen genau es dabei gehen soll.
Für die Veranstaltung zum zehnten Jahrestag der Registrierung der Web-Adresse von Wikileaks waren im Netz auch Enthüllungen über US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton in Aussicht gestellt worden. Sie blieben aus. «Sie müssen verstehen, dass wenn wir etwas mit Bezug zu den Vereinigten Staaten veröffentlichen wollen, wir das nicht um drei Uhr nachts machen würden», sagte Assange mit Blick auf die Ortszeit in den USA.
Warten auf «October surprise»
In Medien wird seit Wochen über eine unerwartete Enthüllung im letzten Abschnitt des Wahlkampfs diskutiert, die Clinton schweren Schaden zufügen könnte. Da in den USA immer Anfang November gewählt wird, werden derartige Ereignisse in der amerikanischen Politik als «October surprise» bezeichnet.
Assange, der seit Jahren in der Botschaft Ecuadors in London festsitzt, wurde zu der Veranstaltung in der Berliner Volksbühne per Video zugeschaltet. Ursprünglich wollte Assange vom Balkon der Botschaft in London sprechen, in dem er Asyl hat, der Auftritt wurde jedoch unter Hinweis auf Sicherheitsüberlegungen abgesagt. Assange machte auf Anfrage keine Angaben dazu, was genau die Sorgen waren.
Vor zehn Jahren, am 4. Oktober 2006, wurde die Website von Wikileaks registriert. Die ersten Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform folgten zum Jahresende.
Seither sorgten die Aktivisten um Assange mit zahlreichen Veröffentlichungen, unter anderem aus den Kriegen im Irak und Afghanistan oder dem US-Gefangenenlager Guantanamo für Aufsehen. In Deutschland deckten geleakte Dokumente auf der Website etwa auf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkels Handy abgehört wurde.
Zwischenzeitlich hatte die Aktivität nach einem Zerwürfnis in der Führung von Wikileaks und den juristischen Problemen von Assange nachgelassen. Er lebt seit Sommer 2012 im Asyl in der Botschaft Ecuadors, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen, wo gegen ihn wegen Vorwürfen sexueller Nötigung ermittelt wird. Assange erklärt, er müsse befürchten, von Schweden in die USA ausgeliefert zu werden.
Trump-Sympathie zurückgewiesen
Zuletzt sorgte Wikileaks aber wieder mit Veröffentlichung interner E-Mails aus der Parteizentrale der Demokraten für Aufsehen. Dass Wikileaks damit indirekt den republikanischen Kandidaten Donald Trump unterstützt, wies Assange am Wochenende in einem «Spiegel»-Interview zurück.
Man verstehe sich als unabhängige Organisation und könne keine Rücksicht nehmen, wenn in einem Land gerade Wahlen anstehen, sagte Assange. Er habe keinerlei Affinität für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump, erklärte er am Dienstag.
In den USA hatten IT-Sicherheitsexperten erklärt, dass die E-Mail-Server von Hackern mit Verbindung zu russischen Geheimdiensten geknackt worden seien. Das brachte Wikileaks auch den Vorwurf ein, sich zum Instrument Moskaus zu machen – was Assange zurückweist.