Atem

Ein bemerkenswert sperriger Erstling im industrial Look aus Österreich. Eine mit kargen Mitteln erzählte Ballade über einen Wiener Jugendhäftling. Kogler.    Ein bemerkenswert sperriger Erstling im industrial Look ist da Karl Markovics geglückt. Eine mit knappen Mitteln erzählte Ballade über einen Wiener Jugendhäftling auf dem Weg aus seiner Vergangenheit. Es dauert lange, bis man sich […]

Ein bemerkenswert sperriger Erstling im industrial Look aus Österreich. Eine mit kargen Mitteln erzählte Ballade über einen Wiener Jugendhäftling. Kogler. 

 

Ein bemerkenswert sperriger Erstling im industrial Look ist da Karl Markovics geglückt. Eine mit knappen Mitteln erzählte Ballade über einen Wiener Jugendhäftling auf dem Weg aus seiner Vergangenheit.

Es dauert lange, bis man sich eingesehen hat in die vergitterten Bilder von „ATMEN“. Zwischen Einzelzelle, Hofgang, Korridor, Schwimmbad und Türschloss. Bis man einzusehen beginnt, dass der Sträfling Kogler nicht nur hinter Gittern sitzt, sondern auch noch in sich selbst gefangen ist, ist der halbe Film schon vorbei, und dies beileibe nicht im Fluge.

Es ist ein trister Alltag in der Strafanstalt. Aber noch trauriger als in der industriell-funktionalen Umgebung sieht es in Kogler aus: Er zeigt kaum Regungen. Nicht beim Freigang. Nicht bei der Arbeit im Bestattungsinstitut. Nicht im Schwimmbad. Von einem makaberen Zufall im Leichenschauhaus angestossen, fängt er an, seine Mutter zu suchen. Er verfolgt sie, spricht sie an, und erfährt von ihr, dass es das beste war, was sie je hatte tun können, ihn wegzugeben, damals.

Erst jetzt, mit einem einfachen Krawattenbinden, löst sich der Knoten bei Kogler langsam. Mutter hatte versucht, Kogler zu töten, hatte ihm vielleicht damit das Leben gerettet, das keines war, als sie ihn weggegeben hatte, weil sie ihn sonst womöglich wirklich umgebracht hätte. Auch der Totschlag, für den er verurteilt worden war, holt ihn jetzt ein. Er sieht es nur ungern vor sich, wie er zugeschlagen hat. Zum Schluss steht er als Täter am Grab seines eigenen Opfers. Das ist nicht wieder gut zu machen.

Überhaupt kriegt der Film erst gegen Ende seinen eigenartigen Sog. Erst dann versteht man die Zeichen, die unterwegs gelegt wurden: Das „DurchdenMundeinatmen“ beim Leichentragen. Das „UnterWasserdieLuftanhalten“. Das Leichenwaschen. Das Gräbersuchen. Erst hier endet Koglers Kindheit – von einer Mutter beinahe erstickt.

Als Kogler freikommt, ist der Himmel verhangen über Wien. Aber der Himmel ist blau zwischen den Wolken. Kogler lässt das Grab seines Opfers hinter sich. Auf einem neuen Weg. Unter einem weiten Himmel. Der Luft für Atem lässt.

 

 

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