Athen in der Flüchtlingskrise massiv unter Druck

Griechenland gerät in der Flüchtlingskrise massiv unter Druck: Athen müsse seine «Hausaufgaben» machen und die Schengen-Aussengrenzen besser sichern, forderte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière sagte am Montag in Amsterdam, die Zeit dränge, die Schengen-Aussengrenze besser zu schützen. Seine Warnung gilt vor allem auch Athen (Archiv). (Bild: sda)

Griechenland gerät in der Flüchtlingskrise massiv unter Druck: Athen müsse seine «Hausaufgaben» machen und die Schengen-Aussengrenzen besser sichern, forderte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister.

Es sei ein «dauerhafter, spürbarer, nachhaltiger Rückgang der Flüchtlingszahlen» schon in den nächsten Wochen nötig. Denn «die Zeit läuft uns davon», sagte de Maizière am Montag in Amsterdam.

Der Schengen-Raum, zu dem auch die Schweiz gehört, umfasst insgesamt 26 Staaten. In diesem Raum war bis vor kurzem ein Reisepass- und ID-freies Reisen möglich. Aufgrund der unkontrollierten Zuwanderung von Flüchtlingen führten jedoch mehrere Schengen-Staaten wieder Grenzkontrollen ein – darunter Deutschland, Österreich und Schweden. Diese Grenzkontrollen sind jedoch zeitlich beschränkt.

De Maizière erinnerte nun daran, dass spätestens im Mai eine solche Entscheidung über eine mögliche längerfristige Verlängerung der vorübergehenden deutschen Grenzkontrollen ansteht. Dazu muss gegebenenfalls festgestellt werden, dass es «dauerhafte» Defizite beim Schutz der EU-Aussengrenze gibt.

«Dazu würde dann auch eine kritische Betrachtung der Rolle Griechenlands gehören», sagte de Maizière. «Aber ehrlich gesagt: Ich möchte mit all diesen Fragen bis Mai nicht warten.»

Für die Schweiz sieht Staatssekretär Mario Gattiker zurzeit keine Notwendigkeit für solche Massnahmen. Man stelle keine «Störung der öffentlichen Sicherheit» fest. «Sollte dies eintreffen, dann wird der Bundesrat die Lage neu beurteilen.» Gattiker vertrat die Schweiz am Treffen, die als Schengen-Mitglied regelmässig eingeladen wird.

Griechenland beklagt Schwarzpeter-Spiel

Griechenland ist für viele Flüchtlinge das Eintrittstor nach Europa. Hunderttausende sind in den letzten Monaten von der Türkei aus nach Griechenland übergesetzt und auf der sogenannten Balkan-Route weitergereist, vor allem nach Deutschland.

Griechenlands Migrationsminister Ioannis Mouzalas wehrte sich jedoch gegen die Vorwürfe: «Wir sind es müde zu hören, dass wir unsere Grenzen nicht sichern können.» Die Seegrenze zur Türkei könne nicht abgedichtet werden.

«Was wollen Sie, dass wir tun?», fragte er. Nach internationalem Recht, nach dem Seerecht, nach der Genfer Konvention, nach europäischem Recht und nach griechischem Recht sei die einzige Handlungsoption, die Menschen zu retten. Vielmehr gab Mouzalas den Schwarzpeter zurück an die anderen EU-Staaten. Sein Land erhalte nicht genug Unterstützung aus Europa.

Österreich setzt Druck auf

Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte es für einen «Mythos», dass die Grenze nicht zu sichern sei. Sie plädierte für den Ausschluss von Griechenland aus dem Schengen-Raum, wenn sich die Situation nicht bald bessert.

«Wenn es nicht gelingt, die europäischen Aussengrenzen – sprich die türkisch-griechische Grenze – zu sichern, dann wird sich die Schengen-Aussengrenze Richtung Mitteleuropa bewegen.» De Maizière schloss ebenfalls einen möglichen Ausschluss Griechenlands nicht aus.

Bereits im Dezember letzten Jahres waren Stimmen laut geworden, Griechenland aus Schengen auszuschliessen. Ein solcher Schritt ist jedoch rechtlich gar nicht möglich. Die anderen Schengen-Staaten können aber wieder Grenzkontrollen zu Griechenland einführen.

Schweiz sieht EU-Grenzschutzagentur «positiv»

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos unterstrich in Amsterdam: «Nichts dergleichen ist vorgeschlagen oder diskutiert worden.» Vielmehr komme es darauf an, Länder an den Aussengrenzen der EU besser zu unterstützen.

Daher schlägt die EU-Kommission vor, die Kompetenzen der Grenzschutzagentur Frontex auszuweiten. Gemäss Brüssel soll diese zur Not etwa auch gegen den Willen eines Landes aktiv werden könnten, was jedoch bei den EU-Mitgliedstaaten äusserst umstritten ist.

Die Minister berieten an ihrem Treffen zum ersten Mal über diesen Vorschlag. De Maizière unterstützte diesen: «Wir wollen, dass aus dieser Agentur eine europäische Küstenwache wird», sagte er.

Spaniens Innenminister Jorge Fernández Díaz machte aber Vorbehalte geltend. «Wir müssen das aufmerksam prüfen.» Dies sei eine Frage, welche die nationale Souveränität beschränke, sagte er. «Wir werden für die Schaffung dieses Korps keinen Blankoscheck ausstellen.»

Die Schweiz beurteile eine europäische Grenzschutzagentur «grundsätzlich positiv», sagte Gattiker. «Wir finden den Schutz der Aussengrenze zentral für die Sicherheit in Europa aber auch für ein gutes glaubwürdiges Asylsystem.»

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