Auch Venedig feiert Christoph Waltz! In Terry Gilliams: «The Zero Theorem»

Venedig ist begeistert! Aber, was ist das eigentlich, das «Zero Theorem»? Haben wir da in Algebra etwas verpasst? Terry Gilliam will damit das letzte aller Rätsel lösen. Wozu sind wir hier? Und auch das Allerletzte: Wozu das alles? Bilderfülle war immer Terry Gilliams Stärke. Auch wenn seine Kamera seine Geschichte häufig aus dem Objektiv verliert […]

The Zero Theorem ein Traum

Venedig ist begeistert! Aber, was ist das eigentlich, das «Zero Theorem»? Haben wir da in Algebra etwas verpasst? Terry Gilliam will damit das letzte aller Rätsel lösen. Wozu sind wir hier? Und auch das Allerletzte: Wozu das alles?

Bilderfülle war immer Terry Gilliams Stärke. Auch wenn seine Kamera seine Geschichte häufig aus dem Objektiv verliert und sich ganz in sein eigenes Bild verliebt: Seine Phantasie führt ihn in jedem Bild mit herrlichem Anspielungsreichtum zurück zur Geschichte. So phantasiert er in «The Zero Theorem», wie in «Brazil», wieder im heutigen London seine Bildern der Welt von morgen.

«The Zero Theorem» erteilt das Managment (Matt Damon) einem besessenen Computer-Wissenschaftler den Auftrag, das «Zero Theorem» zu knacken. Dabei geht Qohen Leth gar nicht gern aus dem Haus. Sein Haus ist nämlich eine Kirche mitten in der Stadt. Mit Badewanne. Mit Buchablage. Mit einem Bett. Und mit seinem persönlichen Altar: Ein Computer. Mehr braucht es eigentlich nicht zum leben, dieser Qohen, der so nervig ehrgeizig von Christoph Waltz gegben wird.

Seine Stadt liegt in der Zukunft. Aussehen tut sie wie ein schrill coloriertes London. Qohen Leth hat sich da in der Vergangenheit offensichtlich in dem Gotteshaus eingenistet, als es noch einen Gott gab. Jetzt lebt er dort allein. In der Zukunft, die er gar nicht möchte: Ohne Liebe. Zudem wartet er dringend auf den letzten Anruf von ganz oben. Und versucht weiterhin im Auftrag des Managments in der Cloud den Grund für unser Dasein zu hacken: Das Zero Theorem. 

Das Weltengeheimnis steckt in der Computer-Cloud

Mit Christoph Waltz hat Gilliam einen Schauspieler gefunden, der ähnlich verspielt durch die Bildwelt phantasiert, wie der Regisseur selbst. Qohen ist hochgradig nervös. Zu seiner Beratung ist ihm eine herrlich herrische Psychiaterin (Tilda Swinton) beigeselt, und als das auch nicht mehr fruchtet, kriegt Qohen vom Sohn des Managments (Lucas Hedges) Hilfe. Doch die Dinge laufen weiter aus dem Ruder.

Wie in «Brazil» setzt Gilliam real existierende Londoner Ausschnitte zu einer ganz eigenen Fiktion der Zukunftswelt zusammen. Das macht diese Science Fiction auch zu einem kleinen Dokument von Zukunftsglauben. Obwohl Qohens Gotteshaus nicht mehr von Gott bewohnt wird, rechnet die Wissenschaft auf Casino-Automaten weiter am Grund-Axiom. Ohne Gott wird man dann wohl auf die Urformel angewiesen sein.

Das Kinderspiel wird zum Alptraum

So rechnet Waltz wie im Kinderspiel sich immer tiefer in die Verzweiflung. Auch seine Ausflug in die Wirklichkeitstraumwelt der Liebe hilft ihm da erst mal nicht weiter. Die Liebste (Mélanie Thierry) erweist sich als käuflich und endet mit einer Enttäuschung – vorerst. Längst wäre Qohen reif für die Insel. Aber die Insel noch nicht reif für ihn.

Gilliam erweist sich weiter als der Meister der Bilderfülle, rückt elegant jede Ungleichzeitigkeit ins Bild, stellt Vorhängeschloss neben Computer-Fassade, Elektroauto gegen animierte Müllschlucker. Immer wilder werden die Forderung aus dem Arbeits-Terminal, einer  Mischung von Casino-Spiel-Automat und Blut-Test-Lotto. Doch was er auch immer anstellt: Der sehnlichst erwartete Anruf von ganz oben kommt nicht. Von höchster Stelle komer nur immer heftigere Anfoderungen.

Erst die Liebe bringt die Rettung

Als Qohen schliesslich tut, was wir auch schon gerne mal gemacht hätten, nämlich, den Computer mit einem Hammer ins ewige Off reparieren, zitiert Gilliam dann doch noch «2001». Mit Bedacht. Schliesslich wurde da auch schon mal die letzte Frage gestellt und auch da hat bereits ein Computer die Antwort fast verweigert.

In Venedig wurde «The Zero Theorem» frenetisch bejubelt, auch wenn die Schauspieler nicht alle da waren. Niemand wollte es dem Team übelnehmen, dass er die letzte aller Fragen, lange umkreist, aber doch etwas kitschig beantwortet hat. Es ist nämlich ein umwerfend schöner Kitsch, wenn Qohen auf der Insel ein wenig mit der Sonne spielen darf, während er auf seine Liebste wartet.

 

 

Wer aber auch mathematisch dem Film auf den Grund gehen will, kann ja mal hiermit beginnen

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