Der FC Lugano erlebt, was man gerne als schwierige zweite Saison bezeichnet. Vor dem letzten Match der Herbstrunde am Sonntag bei GC liegen die Tessiner je einen Punkt vor Thun und Schlusslicht Vaduz.
Wie bei allen Super-League-Mannschaften mit Ausnahme des FC Basel verläuft die Formkurve des FC Lugano über die ganze Saison in Wellenbewegungen. Keine Mannschaft tritt konstant auf, jedenfalls nicht konstant stark. Vor einem Jahr schien Lugano auf die Winterpause hin als Aufsteiger dem sicheren Ligaerhalt entgegenzugehen. Die Tessiner gewannen in kurzer Zeit die Heimspiele gegen St. Gallen (3:1), Sion (3:0) und die Grasshoppers (4:1) und machten sich daran, das Feld von hinten aufzurollen.
Beim Wiederbeginn im Frühling schienen sie unter ihrem damaligen Trainer Zdenek Zeman alles verlernt zu haben. Sechs Spiele lang mussten sie auf einen weiteren Sieg warten. Nur zwei Punkte schauten in dieser Zeit bis Mitte März heraus. Die 2:5-Niederlage daheim gegen das ebenfalls gefährdete Vaduz war der Tiefpunkt, der später nicht mehr unterboten wurde. In der Schlussphase der Meisterschaft fanden sie noch einmal zum Erfolg zurück. Mit Siegen beim FCZ (4:0) und im letzten Match zuhause gegen St. Gallen (3:0) sowie einem 0:0 in Vaduz holten sie gerade so viele Punkte, dass sie den FC Zürich in die Challenge League stossen konnten. Überdies stiessen sie in den Cupfinal vor, in dem sich der FCZ revanchierte.
Im Tessin darf man hoffen, dass alles umgekehrt läuft im Vergleich zur letzten Saison. So gesehen, hätten sie im Letzigrund gegen die Grasshoppers noch eine weitere Niederlage zugute. Es wäre die neunte der Saison und die fünfte in den letzten sechs Spielen.
Die Besserung müsste nach der Statistik eigentlich erst Anfang Februar mit dem Beginn des Frühlingspensums eintreten. Es ist jedoch klar, dass Trainer Andrea Manzo das Tief seiner Mannschaft schon jetzt beenden möchte und nicht erst nach der knapp zwei Monate dauernden Winterpause.
Der Trainer mit dem Messer am Hals
Luganos allmächtiger Präsident (und Sportchef) Angelo Renzetti hat die letzten zwei Super-League-Spiele vor dem Unterbruch als Schicksalsspiele für Manzo deklariert. Das in der Nachspielzeit herausgeholte 1:1 daheim gegen Thun bildet den ersten Teil der Entscheidungsgrundlage, das Spiel am Sonntag bei GC den zweiten. Renzetti und nur Renzetti wird entscheiden, wie es weitergeht.
Die Spieler werden im Letzigrund alles daran setzen, dem Trainer zu helfen. Der von Thun zurückgekehrte Ur-Ticinese Fulvio Sulmoni weiss, wie es gehen muss: «Wir haben in der ersten Halbzeit gegen Thun unsere schlechteste Leistung der Saison gezeigt. Irgendwie hatten wir Angst, wir waren wie gelähmt. Die zweite Halbzeit war gut, und genau so werden wir am Sonntag spielen.» Andrea Manzo nimmt die Mannschaft für die von Sulmoni erwähnte miserable Halbzeit in Schutz. «Wenn man eine ganze Saison anschaut, kommt so etwas ab und zu vor, das ist normal», sagt der 55-jährige Italiener. «Wichtig ist, dass wir so etwas vergessen schnell können.»
Letzte Saison hätte Lugano bei den Grasshoppers nicht unterschiedlicher auftreten können. Im ersten Spiel im August 2015 gingen sie 1:6 unter nach einer Leistung mit haarsträubenden Fehlern in der Defensive, wie man sie in dieser Häufigkeit selten sieht. Im März dieses Jahres führte ein solider Auftritt zu einem überraschenden 1:0-Sieg.
Die Spiele vom Sonntag im Detail
Sion – Luzern (2:2). – 13.45 Uhr. – SR Bieri. – Absenzen: Pa Modou (gesperrt), Mveng und Cmelik (beide verletzt); Juric und Haas (beide verletzt). – Statistik: Die Walliser müssen achtgeben, dass sie den Kontakt zu den zweitplatzierten Young Boys nicht gänzlich verlieren. Sie liegen nach ihren drei Niederlagen am Stück schon sechs Punkte hinter den Bernern. Luzern dagegen siegte in der gleichen Zeit dreimal und brachte es in den letzten sechs Spielen auf 16 Punkte. Es ist ein offenes, umkämpftes Spiel zu erwarten. Luzern gewann im Tourbillon letztmals vor gut viereinhalb Jahren. Die Luzerner Tore zum damaligen 3:1-Sieg nach 0:1-Rückstand erzielten Florian Stahel, Burim Kukeli und Nelson Ferreira. Seither holten die Innerschweizer aus acht Meisterschaftsspielen im Wallis nur noch einen Punkt.
Grasshoppers – Lugano (0:2). – 13.45 Uhr. – SR Jaccottet. – Absenzen: Pnishi (gesperrt) und Sherko (verletzt); Aguirre, Ceesay (beide gesperrt), Sabbatini, Rosseti (beide verletzt) und Culina (rekonvaleszent). – Statistik: Nebst Lausanne ist Lugano das Sorgenkind der Super League. Die Tessiner holten aus den letzten neun Spielen nur vier Punkte aus vier Unentschieden heraus. Immerhin konnten sie zuletzt eine Serie von fünf Niederlage mit einem 1:1 daheim gegen Thun stoppen. Das Pensum des letzten Frühlings beendeten die Luganesi im Letzigrund mit der 0:1-Niederlage im Cupfinal gegen Zürich. Daselbst bestreiten sie am Sonntag ihre letzte Partie des Herbstprogramms gegen die Grasshoppers, deren Formkurve nach oben weist. Die Heimstärke der Zürcher in indessen nicht mehr so ausgeprägt wie in den ersten drei Monaten der Saison. Nach anfänglich fünf Siegen folgten die Niederlage gegen Basel sowie Unentschieden gegen Thun und St. Gallen. Das bislang letzte Meisterschaftsspiel der beiden Kontrahenten im Letzigrund gewann Lugano im März dieses Jahres 1:0.
Thun – Young Boys (1:4). – 16.00 Uhr. – SR Schnyder. – Absenzen: Schirinzi, Zino und Ferreira (alle verletzt); Nuhu (gesperrt), Zakaria, Ravet, Sulejmani, Rochat, Joss, Wüthrich (alle verletzt) und Kubo (rekonvaleszent/vorgezogene Ferien in Japan). – Statistik: Die Zahlen der letzten Wochen sprechen vor dem Berner Kantonalduell für sich. Hier die Stadtberner, die keine der letzten elf Partien der Super League verloren und aus den letzten sechs 16 Punkte sowie das von Spektakel zeugende Torverhältnis von 20:7 herausholten. Dort die auch wirtschaftlich darbenden Oberländer, die keines der letzten fünf Spiele gewannen. Nachdem die 2002 mit dem Aufstieg der Thuner gestarteten Derbys anfänglich recht ausgeglichen verlaufen waren, hat YB im Kanton längst die Kontrolle übernommen. Seit Anfang 2014 siegten die Young Boys in neun von elf Duellen, zuletzt sechsmal nacheinander. Wenn sie am Sonntag verlieren, werden die Thuner mit 16 Punkten ihre schwächste Halbzeitbilanz seit zehn Jahren vorweisen. In der Saison 2006/07 überwinterten sie mit 14 Punkten.
Rangliste: 1. Basel 18/47 (49:15). 2. Young Boys 17/32 (39:22). 3. Luzern 17/29 (35:30). 4. Sion 17/26 (35:30). 5. Grasshoppers 17/21 (26:32). 6. St. Gallen 18/21 (20:27). 7. Lausanne-Sport 18/18 (30:34). 8. Lugano 17/17 (23:35). 9. Thun 17/16 (21:31). 10. Vaduz 18/16 (21:43).