Die Bündner Regierung wünscht, dass Problembären schon in Italien geschossen werden – noch bevor sie nach Graubünden einwandern. Beim Eidgenössischen Jagdinspektor Reinhard Schnidrig stossen die Bündner auf offene Ohren.
«Wir können die Sache mit den Problembären in der Schweiz nicht allein lösen, sondern müssen länderübergreifend für den gesamten Alpenraum eine Lösung finden», sagte Schnidrig im Interview im «Tages-Anzeiger» vom Samstag.
Allerdings gingen die Italiener vor den Tierschutzorganisationen in ihrem Land «in die Knie und warten sehr lange ab, bis sie handeln», kritisierte Schnidrig die Zurückhaltung der Italiener. Es müsse im Interesse aller Alpenländer sein, die wenigen Problembären frühzeitig zu entfernen. Nur dadurch werde bei der betroffenen Bevölkerung Akzeptanz für die Bären geschaffen.
Schwarzer Peter für die Schweiz
«Wenn wir in der Schweiz Problembären erben und diese dann aus Sicherheitsgründen töten müssen, ernten wir allein die ganze Kritik», sagte Schnidrig weiter. Zwar befürworteten die nördlichen Provinzen Italiens diese Schweizer Entscheide. Als jedoch 2008 Problembär JJ3 abgeschossen werden musste, kam Kritik aus Rom.
«Unser Botschafter musste dort beim Umweltminister vorsprechen», sagte Schnidrig. Die Politiker hätten gar den Pelz von JJ3 zurückverlangt – laut Schnidrig eine absurde Forderung. JJ3 hat seine letzte Ruhe im Bündner Naturmuseum in Chur gefunden.
Bündner Wunsch und italienische Zurückhaltung
Die Bündner Regierung wünscht, dass Problembären bereits «in einem frühen Stadium in ihrem ursprünglichen Territorium» erlegt werden, wie sie am vergangenen Dienstag mitgeteilt hatte. Die «florierende Bären-Population» im italienischen Trentino lasse solche Schritte durchaus zu.
Gegenüber dem Regionaljournal Graubünden von Radio SRF winkte der fürs Bärenmanagement in der italienischen Provinz Trentin zuständige Claudio Groff am Mittwoch jedoch ab. Zwar gebe es wie in der Schweiz auch in Italien klare Richtlinien im Umgang mit Bären. Im Trentin und der Region Bolzano würden Problembären eingefangen und eingesperrt – bislang zwei Mal.
Derzeit seien zwei auffällige Bären mit einem Sender ausgestattet; ein dritter sollte eigentlich eingefangen werden, sei jedoch derzeit unauffindbar. Im Trentin bewegen sich 40 bis 50 Bären. Groff nimmt an, dass die Schweizer Problembären erst in der Schweiz auffällig wurden – wegen der Siedlungsdichte und der grösseren Nähe zu Menschen.
M13, JJ3 und ein Bärenweibchen aus dem Jahr 1904
Graubünden wurde in den letzten acht Jahren von insgesamt acht Bären aufgesucht. M13, der letzte Bär, wurde im Februar aus Sicherheitsgründen von der Wildhut abgeschossen. Im April 2008 wurde JJ3 erlegt. Auch er hatte den Winterschlaf in Graubünden verbracht und nach dem Erwachen zu oft Nahrung in bewohnten Gebieten gesucht.
Zuvor war es über 100 Jahre ruhig im Kanton Graubünden: Vor JJ3 wurde letztmals im September 1904 im Unterengadin ein Braunbär erlegt. Das Präparat des Weibchens ist im Bärenmuseum im Val S-charl bei Scuol zu sehen.