Die SVP-Initiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer ist nicht direkt anwendbar. Das Parlament muss zuerst über die Umsetzung der Initiative befinden. Dies hat das Bundesgericht am Freitag entschieden.
Die Eidgenössische Volksinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer wurde am 28. November 2010 von Volk und Ständen mit rund 53 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Sie sieht die automatische Ausschaffung von Ausländern vor, die gewisse Straftaten begangen haben. Dazu gehören vorsätzliche Tötung, Vergewaltigung, Raub oder Drogenhandel.
Als Verfechter einer unmittelbaren Anwendung des Initiativtextes verlangte ein Bundesrichter den Entzug der Aufenthaltsbewilligung für zwei wegen Drogenhandels verurteilte Mazedonier. Auch sollte ein Senegalese rückgeschafft werden, der wegen Vergewaltigung schuldig gesprochen wurde.
Die vier anderen Bundesrichter folgten dem Antragsteller jedoch nicht. In einer öffentlichen Verhandlung vom Freitag beurteilten sie die Initiative als nicht anwendbar, bevor sie vom Parlament konkretisiert worden ist.
Verfassungsbestimmungen seien nie isoliert zu betrachten, sie müssten immer im Kontext gesehen werden, argumentierten die Richter. So sei sämtlichen Verfassungsbestimmungen sowie dem Völkerrecht Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang verlange die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) etwa die Berücksichtigung des Familienlebens.