Ausspionierte Attac-Mitglieder erzählen vor Gericht von Ängsten

Angst, Verunsicherung, Misstrauen: Die von Nestlé ausspionierten Globalisierungskritiker haben am Dienstag an einem Zivilprozess erzählt, wie sie seit ihrer Bespitzelung leiden. Im Auftrag von Nestlé hatte Securitas zwischen 2003 und 2005 bei Attac heimlich eine Mitarbeiterin eingeschleust.

Aktivisten demonstrierten im April 2009 in Lausanne gegen die Bespitzelung durch Nestlé (Archiv) (Bild: sda)

Angst, Verunsicherung, Misstrauen: Die von Nestlé ausspionierten Globalisierungskritiker haben am Dienstag an einem Zivilprozess erzählt, wie sie seit ihrer Bespitzelung leiden. Im Auftrag von Nestlé hatte Securitas zwischen 2003 und 2005 bei Attac heimlich eine Mitarbeiterin eingeschleust.

Die Aussagen der Opfer vor dem Zivilgericht ähneln sich. Sie fühlten sich „sehr betroffen“, „verunsichert und von Alpträumen geplagt“. Einige haben auch heute noch Angst davor, ihr Telefon oder ihr Email zu benutzen. Sie befürchten erneut ausspioniert zu werden. Viele haben ihre Ängste bis heute nicht überwunden.

Die Opfer fordern eine komplette Aufklärung des Falls und wollen vor allem wissen, was mit den von der Securitas gesammelten Daten geschehen ist.

Die französische Politikwissenschaftlerin Susan George, Autorin mehrerer globalisierungskritischer Bücher, sagte vor Gericht, ihre Korrespondenz sei überwacht worden. „Dieses Eindringen in meine Privatsphäre hat mich zutiefst schockiert.“

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hatte die Waadtländer Sektion der globalisierungskritischen Organisation Attac durch die Sicherheitsfirma Securitas zwischen 2003 und 2005 bespitzeln lassen. Grund dafür: Eine Attac-Arbeitsgruppe arbeitete damals an einem Nestlé-kritischen Buch. Die Affäre flog schliesslich 2008 auf.

Securitas-Spionin vor Gericht

Die genauen Umstände der Bespitzelung bleiben jedoch weiterhin vage. Laut Nestlé ist es Securitas gewesen, welche die Idee hatte, eine Person bei Attac einzuschleusen.

Bei der eingeschleusten Securitas-Mitarbeiterin handelte es um eine Frau, die sich Sara Meylan nannte. Als Punk mit schwarz gefärbten Haaren, Lederjacke und Kapuze erschien sie vor Gericht. Die Frau stellte sich auf den Standpunkt, sie habe professionell gearbeitet. Aufgehört habe sie damit nur, weil ihr das Doppelleben zu kompliziert wurde.

Der am Dienstag begonnene Zivilprozess geht am Mittwoch weiter. Das Urteil folgt später.

Strafrechtlich ist der Fall jedoch bereits abgeschlossen: Im Juli 2009 hatte ein Lausanner Untersuchungsrichter entschieden, dass Nestlé wegen der Bespitzelungsaktion nicht strafrechtlich belangt werden kann.

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