Autos erst per 2014 aus Innenstadt verbannt

Die Altstadt von Basel sollte bereits autofrei sein, die erste Verordnung für eine «fussgängerfreundliche Innenstadt» scheiterte an massiven Widerständen. Nun liegt eine neue Verordnung zum Innenstadt-Verkehrskonzept vor. Realisiert soll sie ab Januar 2014 werden.

Geplante Verkehrsanordnung: In der gesamten Innenstadt (blau) gilt generellt Tempo 30, auch für den Tramverkehr. Die Kernzone (gelb) wird motorfahrzeugfrei – mehrheitlich jedenfalls.

Die Altstadt von Basel sollte bereits autofrei sein, die erste Verordnung für eine «fussgängerfreundliche Innenstadt» scheiterte an massiven Widerständen. Nun liegt eine neue Verordnung zum Innenstadt-Verkehrskonzept vor. Realisiert soll sie ab Januar 2014 werden.

Noch im vergangenen Herbst herrschte Freude im Bau- und Verkehrsdepartement: Vorsteher Hans-Peter Wessels stellte das neue Verkehrskonzept für die Innenstadt vor. Die Vertreter von Gewerbe und Anwohner schienen zufrieden und freuten sich auf eine autofreie Altstadt in Basel per Mitte 2013. Knapp zwölf Monate später ist die Verordnung bereits Geschichte: Elf Verfassungsklagen zumeist von Anwohnerseite hatten das Verkehrsregime angefochten, wie Justiz- und Sicherheitsdepartements-Vorsteher Baschi Dürr am Mittwoch vor den Medien sagte.

Die Autos durften in der Folge nicht nur weiter durch die Stadt kurven, die Regierung musste auch einen neuen Anlauf für die Verordnung nehmen. Am Mittwochmorgen konnte der Regierungsrat eine neue Verordnung vorstellen: Der verabschiedete Kompromiss soll die Kernzone von motorisiertem Individualverkehr befreien, für Anwohnerschaft und Gewerbe aber praktikabel sein. Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels versprach ein liberales Regime, weil die Innerstadt «nicht reine Kulisse» werden dürfe, sondern auch nach Ladenschluss belebt sein solle.

Erste Verordnung sah keine Ausnahmen vor

Im Vergleich zur ursprünglichen Konzept ändert sich im Kern nicht viel. Konkret soll weiterhin die Fussgängerzone ausgeweitet werden, und zwar räumlich und zeitlich. Dort ist künftig nur noch Schrittempo erlaubt, erklärte Polizei-Verkehrsabteilungsleiter Bernhard Frey Jäggi. In den Begegnungszonen – den Veloachsen durch die Innenstadt – gilt Tempo 20 (braun in der Karte, siehe Bildstrecke), was Velofahrenden zuzumuten sei. Das Herz der Velostadt Basel bleibt also weiterhin mehrheitlich velofrei. Der Streitpunkt war offensichtlich die Zufahrt zum autofreien Kern der Innenstadt (gelb auf der Karte).

Die erste Verordnung sah ein nur bewilligungsfreie Zufahren vor, die zu Güterumschlagezeiten erlaubt sein sollten (Box am Ende des Textes). Neu sind Ausnahmen möglich, die allerdings eine Bewilligung erfordern, wie Polizei-Verkehrsabteilungsleiter Bernhard Frey Jäggi vor den Medien erklärte. Für Dringendes wie Baustellenzulieferungen kann man Kurzbewilligungen à 20 Franken beantragen. Für regelmässige Fahrten wie von Marktfahrern gibt es Dauerbewilligungen à 100 Franken für bis zu einem Jahr; Gesundheitsdienste wie die Spitex sind gratis. Anträge sollen innert 24 Stunden beantwortet werden – Notfälle behandle man kulant.

Anwohnerberechtigungen übertragbar

Neu ist auch, dass Anwohner mit privaten Parkplätzen permanent gratis in die Kernzone fahren dürfen. Diese Berechtigung – auszuweisen mit Formular unter der Windschutzscheibe – ist auch übertragbar, zum Beispiel an Kundschaft. Die Kundschaft müsse man der Polizei nicht namentlich nennen, sagte Justiz- und Polizeidirektor Baschi Dürr.

Ob nur Gebrechliche rasch in die Kernzone transportiert werden oder ob nicht mehr Kundenscheine ausgestellt werden als Firmenparkplätze vorhanden sind, werde sich weisen. «Schlaumeiern» werde man wohl auf die Schliche kommen, sagte Dürr und versprach bei der Abgrenzung «gesunden Menschenverstand» bei der Polizei.

Eine Begleitgruppe mit beteiligten Stellen und Betroffenen soll die Umsetzung der Verordnung diskutieren. Bei Praxis-Problemen versprach Dürr Anpassungen. Die zehnseitige Erläuterung dazu solle Klarheit schaffen; sie habe einen gewissen Rechtscharakter. Mit der Verordnung werde eine lange Suche nach einer Lösung abgeschlossen, die verschiedenen Ansprüchen von Politik, Gewerbe und Anwohnerschaft gerecht werde, sagte Dürr vor den Medien.

Der politische Berater des Gewerbeverband Basel-Stadt, Elias Schäfer, sagte an der Medienkonferenz, der Verband sei zwar nicht mit allen Punkten der nun beschlossenen Verordnung einverstanden, trage sie aber im Sinne eines Kompromisses mit. Ob sich das Regelwerk auch in der Praxis bewähre, hänge nun von der konkreten Umsetzung ab.

Die Verordnung gilt ab Jahresbeginn, doch alle neuen Schilder in der ganzen Basler Innerstadt aufzustellen, daure fünf bis sechs Monate, war beim Amt für Mobilität zu erfahren. Man stelle jeweils ganze Strassen und Achsen gebündelt um, damit möglichst überall immer klare Verhältnisse herrschen. Fertig werde man wohl im Sommer 2014.

Bewilligungsfreie Zufahrten

Zufahrt zum Güterumschlag – Montag bis Freitag: 6 bis 11 Uhr; Samstag 6 bis 9 Uhr. Anwohnende Güterumschlag – Montag bis Donnerstag: 20 bis 11 Uhr des folgenden Tages; Freitag/Samstag: 20 bis 9 Uhr; Samstag bis Montag: Sa. 20 bis Mo. 11 Uhr. Taxis – Jederzeit: Zufahrt zu Gastronomiebetrieben (Bestellfahrten).

Nächster Artikel