Sven Bärtschi hätte nur allzu gerne mit der Schweiz die WM in Paris bestritten. Verletzungsbedingt verpasst er diese jedoch. Gleichwohl blickt der NHL-Flügelstürmer auf eine gelungene Saison zurück.
Bärtschi und die Nationalmannschaft ist bisher keine Liebesgeschichte. Auf die WM 2013 in Stockholm, wo die Schweiz sensationell die Silbermedaille gewann, musste er wegen einer Leistenverletzung verzichten. Ein Jahr später in Minsk fiel der Langenthaler in der ersten Partie mit einem Rippenbruch aus. Und nun zwingen ihn Nackenprobleme zum Forfait. Damit bleibt es beim einen (halben) Länderspiel.
Bärtschi wäre eine willkommene Verstärkung gewesen, gehörte er doch in dieser Saison bei den Vancouver Canucks zu den Leistungsträgern. Mit 18 Treffern in 68 Partien war er der drittbeste Torschütze des Teams. Insgesamt brachte er es auf 35 Skorerpunkte, was der viertbeste Wert bei Vancouver ist. Das ist umso höher einzustufen, als die Canucks bloss 182 Tore schossen. Einzig die Colorado Avalanche (166) waren in dieser Statistik noch schlechter.
Bärtschis gute Entwicklung ist auch auf die schwierige Zeit bei den Calgary Flames zurückzuführen. Damals pendelte er zwischen der NHL und der AHL hin und her. Seine Freundin Laura hätte manchmal am liebsten den ganzen Tag geweint. «Du wachst auf und weisst nicht, was passiert», blickte sie zurück.
«Vielleicht brauchte ich das alles»
Dennoch möchte Bärtschi die schwierige Phase nicht missen. «Es war eine harte Zeit, die mich nun prägt», so der 24-Jährige. «Wenn ich zurückschaue, war es gut. Vielleicht brauchte ich das alles. Die Erfahrung bei den Flames hat mich verändert, sowohl als Mensch als auch als Spieler.» War er früher sehr sensibel und reagierte er beispielsweise eingeschnappt auf die Kritik von Trainern, kümmert er sich nun nicht mehr darum, was andere über ihn sagen oder schreiben. «Das musste ich lernen», erklärt Bärtschi. «Früher war es mir wichtig, was andere über mich denken. Nun habe ich eine harte Schale um mich herum. Es gibt nicht viel, das meine Meinung über mich selber ändern kann.» Zudem ist das Eishockey kein Thema mehr, wenn Bärtschi nach Hause kommt.
Allerdings überlegte er in der Zeit bei Calgary, den Bettel in Nordamerika hinzuwerfen. Er fragte sich, warum er sich das weiter antun soll, obwohl er locker in der NLA oder in einer anderen Liga in Europa spielen könnte. Damals hatte Bärtschi auch Angebote aus der KHL. Er hielt aber an seinem Traum NHL fest. «Es war ein langer Weg, aber nun bin ich angekommen. Es fühlt sich nun umso besser an», so der 24-Jährige.
«Es ist für mich perfekt hier»
Bärtschi hat in Vancouver auch neben dem Eis sein Glück gefunden. Die Stadt ist für ihn eine der schönsten der Welt, speziell im Sommer, da die Umgebung alles bietet. Einmal habe er aus der Nähe 14 Orcas gesehen, auf Grouse Mountain gebe es Grizzly-Bären, schwärmte er. Zudem ist der bekannte Winterort Whistler bloss knapp zwei Stunden entfernt. «Von der Natur her gibt es nichts Besseres», so Bärtschi. «Du kannst hier alles machen. Es ist für mich perfekt hier.»
Der Vertrag bei Vancouver läuft noch für die nächste Saison. Im vergangenen Sommer unterschrieb er für zwei Jahre und einen Lohn von total 3,7 Millionen Dollar. Danach dürfte der Zahltag noch grösser werden, ist er doch bei den Canucks ein wichtiges Puzzle beim Wiederaufbau des Teams. Ausserdem hält der neue Headcoach Travis Green grosse Stücke auf Bärtschi. Die beiden arbeiteten schon beim Juniorenteam Portland Winterhawks zusammen. Nach dem Trade von Calgary zu Vancouver Anfang März 2015 blühte Bärtschi unter Green bei der AHL-Equipe Utica Comets auf. Das Selbstvertrauen kehrte zurück. Und wer weiss, vielleicht gibt es ja auch mit dem Schweizer Nationalteam ein Happy End.