Dutzende Tote, hunderte Häuser zerstört – in Burma wächst die Gewalt gegen die muslimische Minderheit der Rohingya. Die Regierung versprach eine Untersuchung, Menschenrechtler reagierten darauf skeptisch. Das Nachbarland Bangladesch machte am Wochenende seine Grenze für Flüchtlinge dicht.
„Wir werden keine Ausländer ins Land lassen“, sagte am Sonntag ein Sprecher des Grenzbezirks Cox’s Bazar. Boote mit Flüchtlingen der muslimischen Minderheit der Rohingya werden nach Berichten der Lokalmedien wie bereits im vergangenen Juni zurückgeschickt. Menschenrechtler und die UNO riefen die Regierung Burmas dringend auf, die Minderheit der Rohingya besser zu schützen.
Bei der jüngsten Gewalt kamen nach Behördenangaben 82 Menschen ums Leben. Etwa 130 Menschen wurden verletzt. Zunächst hatte die Regierung noch von 112 Toten gesprochen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) fürchtet eine noch höhere Opferzahl.
Zehntausende fliehen
Nach UNO-Informationen wurden 4000 Häuser zerstört und 22’500 Menschen in die Flucht getrieben. Die UNO stützte sich dabei auf Zahlen der burmesischen Regierung. „Die Regierung muss Recht und Ordnung garantieren, weitere Gewalt verhindern und Harmonie predigen“, sagte der UNO-Chef in Rangun, Ashok Nigum, am Sonntag.
Sie müsse den Kreislauf von Diskriminierung und Gewalt durchbrechen, verlangte Amnesty International. „Wenn die Behörden der Ursache der Gewalt nicht auf den Grund gehen, kann es nur schlimmer werden“, sagte Phil Robertson von HRW.
Nach Angaben der Staatspresse will die Regierung Unruhestifter bestrafen. Die Regierung drohte am Samstag, in den betroffenen Regionen im Westen des Landes Notstandsgesetze anzuwenden. Seitdem wurden keine neuen Gewaltakte mehr gemeldet. Menschenrechtler sehen in den Ankündigungen der Regierung aber nur halbherzige Versuche, die Gewalt zu stoppen.
Eine burmesische Parlamentskommission unter der Führung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi forderte am Freitag erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und ein rasches Vorgehen gegen die Drahtzieher. Suu Kyi hatte bislang zur Gewalt gegen die Rohingya zur Enttäuschung vieler im Westen mehr oder weniger geschwiegen. Ein Eintreten für die Muslime könnte Suu Kyi in Burma selbst ihr Ansehen kosten.
Systematisch ausgegrenzte Minderheit
Die Bevölkerung in Burma ist zu 89 Prozent buddhistisch. Rund vier Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Die etwa 800’000 Muslime in Rakhine gehören den Rohingya an. Der Staat grenzt die teils seit Generationen im Land lebenden Rohingya systematisch aus und verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft.
Viele Buddhisten in Burma unterstützen die harte Haltung. Selbst Mönche haben gegen die Rohingya demonstriert. Die UNO sieht diese als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Welt an.
Auslöser der jüngsten Gewalt waren Proteste der Rohingya, die seit den ersten Gewaltakten im Juni in Slums leben. In der überwiegend von Rohingya bewohnten Küstenstadt Kyauk Pyu seien über 800 Häuser und Hausboote zerstört worden, berichtete HRW und dokumentierte dies mit Satellitenbildern.
Ausserhalb der Stadt Sittwe leben nach Angaben der Flüchtlingshilfsorganisation Refugees International 75’000 Rohingya in überfüllten Lagern. In Bangladesch wiederum leben nach Schätzungen 250’000 Rohingya-Flüchtlinge.