Banishanta

Alle Liebe ist aufgezehrt, nichts mehr ist übrig, sagt Poppy. Sie wurde von ihren Eltern weggebracht, bevor sie 13 Jahre alt war. Man erzählte ihnen, dass sie in einer Textilfabrik arbeiten würde, aber sie fand sich eingesperrt in einem illegalen Bordell in Chittagong wieder, wo sie in einem Raum mit zwölf anderen unglücklichen Mädchen hausen […]

Alle Liebe ist aufgezehrt, nichts mehr ist übrig, sagt Poppy. Sie wurde von ihren Eltern weggebracht, bevor sie 13 Jahre alt war. Man erzählte ihnen, dass sie in einer Textilfabrik arbeiten würde, aber sie fand sich eingesperrt in einem illegalen Bordell in Chittagong wieder, wo sie in einem Raum mit zwölf anderen unglücklichen Mädchen hausen musste. In ihrer Verzweiflung, verliebte sie sich nach ein paar Monaten in eine Kunden, der versprach, sie frei zu kaufen – nur um sie wieder ins nächste Bordell zu verschachern um wieder auf engstem Raum mit anderen Leidensgenossen den Launen eines Zuhälters ausgeliefert zu sein, gedemütigt und geschlagen, Still weinend, wenn sie gerade keine Kunden bedienen musste. Als sie 18 Jahre alt geworden lief sie weg, mit etwas gespartem Geld. Ihre Eltern wollten sie nicht wiederzusehen. Und wieder die Illusion der Liebe, nur um wieder an einem anderen verzweifelten Ort zu landen, auf der Insel Banishanta. Hier sitzt sie jetzt vor einer kleinen Bambushütte, wo sie ihre Kunden empfängt und , starrt auf die schlammigen Fluten des mächtigen Poshur, angeschwollen in dieser Zeit des Jahres durch Regen und Schmelzwasser aus den fernen Bergen. Ihr Unterarm ist mit Narben übersät, sie schneidet sich selbst mit einer Rasierklinge, wenn sie sich traurig und allein fühlt. Banishanta, trotz des lokal verbreiteten Narrativs, dass obwohl es ein Bordell ist, die Mädchen hier Freundinnen, irgendeine Art von familiären Bindungen oder etwas Unterstützung finden können und dass es hier besser wäre als anderswo, ist es am Ende genau wie jeder andere Ort, an dem Frauen und Mädchen gezwungen werden, sich zu verkaufen. Aggressives Verhalten, Gewalt und Belästigung seitens der Behörden sind auch in Banishanta tägliche Routine. Banishanta ist in einem Punkt vielleicht sogar noch schlimmer: hier gibt es zwei Feinde zu bekämpfen: die ständige Marginalisierung und die immer verheerenderen Auswirkungen des Klimawandels. Die unvorhersehbaren Überschwemmungen des Poshur sind die konkreteste Bedrohung. Während der Monsunzeit trotzt die Insel den Starkregen mit Wirbelstürmen und Flutwellen; und in der Trockenzeit gibt es paradoxerweise nicht genügend Trinkwasser, was vor allem der jahrzehntelangen durch Umweltverschmutzung und dem hohen Salzgehalt der Böden geschuldet ist. Aber der kleine Streifen Land von Banishanta ist einer der wenigen Orte in Bangladesch, wo Prostitution legal ist. Als der Seehafen von Mongla um 1950 eröffnete, schien es der ideale Ort für ein großes Bordell. Während der Hochphase, arbeiteten und lebten hier mehr als 1000 Frauen und Mädchen. Madame Razia, Kupplerin von drei Mädchen und selbst ernannte Verwalter des Banishanta, führt noch 94 Prostituierte auf einer Liste, nicht wegen der schrumpfenden Nachfrage, sondern einfach weil der Fluss nach und nach das Land schluckt. Jetzt sind es nur noch ein paar Meter schlammige Küstenlinie vor den Hütten der Frauen, Banishanta scheint während der Regenzeit noch ein bisschen trauriger zu sein, die Tage ziehen sich und die Nächte sind unheimlich still, nur wenige Kapitäne wagen es, Kunden auf ihren Flussbarken und über die wütenden Wellen des Pshur nach Banishanta zu bringen.

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