Der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) übt deutliche Kritik am neuen Behindertenhilfegesetz, das die Regierung in die Vernehmlassung gegeben hat. Unter anderem rügt er, dass der Kreis der Berechtigten aus finanzpolitischen Gründen massiv eingegrenzt werden solle.
Seine wesentlichste Kritik betreffe einen grundlegenden Widerspruch im Gesetz, teilte der VBLG am Dienstag mit: Einerseits definiere dieses Behindertenhilfe fortschrittlich als Nachteilsausgleich zur Teilhabe an Lebenssituationen Nicht-Behinderter. Andererseits würde der Kreis derer, die in den Genuss der Hilfe kämen, massiv eingegrenzt.
Psychisch Behinderte nicht ausschliessen
Dies sei einzig finanz- und nicht sachpolitisch begründet, kritisiert der Verband. Das neue Gesetz schlösse Menschen mit psychischen Behinderungen bewusst von der Behindertenhilfe aus, beanstandet er. Dies obschon der Landrat vor sechs Jahren deren Einbezug forderte und diese Forderung vor vier Jahren bekräftigte.
Und obwohl der Gesetzesentwurf den Kanton beauftragt sicherzustellen, dass Behinderte nicht Sozialhilfe benötigten, wäre genau dies die Folge des Ausschlusses psychisch Kranker von der Behindertenhilfe, moniert der VBLG weiter. Er verlangt daher im Gesetz eine erweiterte Definition von Behinderung, die Personen mit psychischen Behinderungen einschliesst.
Zweifel hat der Verband auch in Bezug auf die vorgesehenen Abklärungen des individuellen Bedarfs Behinderter, die über die in anderen Kantonen erprobte Ermittlung hinausgehen sollen. Grundsätzlich sei der aktive Einbezug Betroffener begrüssenswert. Doch frage sich, ob Menschen mit geistigen Behinderungen dadurch nur in Nöte versetzt würden, die in deren Interesse zu vermeiden seien.
Gegen Abschieben von Kosten
Weiter verweist der VBLG auf den grossen administrativen Zusatzaufwand für Abklärungen und Organisation. Da die Neuerungen im Gesetz gleichzeitig kostenneutral umgesetzt werden sollen, befürchtet er, dass dieser Aufwand den Mitteln zur direkten Hilfe abginge oder mit Verschiebungen auf andere Kostenträger finanziert würde.
Die Vorlage gebe hier «durchaus Anlass zu Befürchtungen auf Seite der Gemeinden», schreibt der Verband und nennt Beispiele: Wenn etwa Behinderte künftig statt stationär mehr ambulant zu Hause Hilfe erhalten sollen, dürften nicht plötzlich die Gemeinden Kostenträger werden, nur weil die Hilfe von der teils gemeindefinanzierten Spitex erbracht würde.
Zudem müssten Behinderte auch nach dem Übertritt ins AHV-Alter Hilfe vom Kanton erhalten, ungeachtet dessen, ob sie zuvor Ergänzungsleistungen, eine IV-Rente oder andere Leistungen erhalten haben. Der VBLG fordert eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs sowie den Einbezug der Gemeinden bei der Erarbeitung der dazugehörigen Verordnung, in der noch viele Fragen zu regeln seien.