Die Kirche muss unten durch: In vielen Kantonen ist die Zahl der Austritte gestiegen. Am häufigsten kehren Baslerinnen und Basler der Landeskirche den Rücken. Auch in den Kantonen Solothurn und Aargau haben sich in den letzten Jahren überdurchschnittlich viele Menschen von der Kirche abgewandt, wie Zahlen des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) zur Römisch-Katholischen und zur Evangelisch-Reformierten Kirche zeigen.
Die Zahl der Austritte pro 1000 Mitglieder ist im letzten Jahr im Vergleich zu 2011/2012 in fast allen Kantonen gestiegen, zu denen Zahlen vorliegen. Bei den Katholikinnen und Katholiken sind die Austrittsraten vor allem in den Kantonen Basel-Stadt, in Schaffhausen und in Appenzell Ausserrhoden vergleichsweise stark gestiegen. Bei den Reformierten verzeichneten Basel-Stadt, Aargau, Luzern und Obwalden einen starken Anstieg von Kirchenaustritten.
Das SPI mahnt zur Vorsicht bei der Interpretation der Zahlen: Die Austrittsraten schwankten von Jahr zu Jahr. Tendenziell verlassen Reformierte ihre Landeskirche öfter als Katholikinnen und Katholiken. Langzeit-Zahlen gibt es nur für wenige Kantone.
31 von 1000 Reformierten traten in Basel-Stadt aus
In Basel-Stadt, wo die meisten Menschen die grossen Landeskirchen verlassen haben, traten im vergangenen Jahr sowohl bei den Katholiken als auch bei den Reformierten je gegen 31 von 1000 Mitgliedern aus der Kirche aus. 2011/2012 hatten dies lediglich 20,5 auf 1000 Katholiken respektive 25,6 auf 1000 Reformierte getan.
Die wenigsten Kirchenaustritte von Katholiken verzeichnete Appenzell Innerrhoden und Jura, nämlich je 2,6 pro 1000 Kirchenmitglieder. Jura ist der einzige Kanton, in dem die Zahl der Austritte von Katholiken zwischen 2011/2012 und 2015 nicht gestiegen ist. Aus den katholischen Kantonen Uri und Wallis gibt es keine Zahlen.
In Ausserrhoden dagegen scheint die im Vergleich zu Innerrhoden weniger stark vertretene Römisch-Katholische Kirche weniger beliebt zu sein: 9,4 auf 1000 Katholiken wandten sich dort von der Kirche ab. Reformierte traten in beiden Appenzell knapp 7 auf 1000 aus der Kirche aus – die Halbkantone sind zusammen erfasst worden.
Kirchenaustritte pro 1000 Mitglieder nach Kantonen im Jahr 2011/12 und 2015. (Bild: spi)
Auch in Deutschland und Österreich
Der Kirche den Rücken zu drehen ist kein schweizerisches Phänomen: Im stark römisch-katholisch geprägten Österreich hätten 2013, 2014 und 2015 je gut 10 auf 1000 Kirchenmitglieder die Kirche verlassen, schrieb das SPI. In der Schweiz waren es 2013 8 pro 1000 Kirchenmitglieder und 2015 gegen 10 pro 1000.
» Die TagesWoche hat der Entwicklung in den Landeskirchen 2012 einen Schwerpunkt gewidmet: Kirche in der Krise – Nur den Glauben nicht verlieren
Dass deutsche Katholikinnen und Katholiken vor allem 2014 nichts mehr von ihrer Kirche wissen wollten, lag laut SPI an einer Veränderung beim Einzug der Kirchensteuern. Offenbar hatte dies viele zum Austritt veranlasst. Nach 2014 mit einer Austrittsrate von 9,1 pro 1000 ging die Rate 2015 auf 7,7 pro 1000 zurück.
Das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) ist ein Forschungsinstitut, das von der katholischen Kirche in der Schweiz getragen wird. Sein Sitz ist in St. Gallen.
Entwicklung der Kirchenaustritte pro 1000 Kirchenmitglieder der römisch-katholischen Kirche für die Jahre 2013, 2014 und 2015 in Deutschland, Österreich und der Schweiz (nicht alle Kantone ); Quelle: Deutsche und Österreichische Bischofskonferenzen, römisch-katholische Körperschaften im Jahr 2013 der Kantone: AG, AI, AR, BE, BS, FR, GL, JU, LU, NW, OW, SH, SG, SO, SZ, TG, ZH und ZG. Im Jahr 2014 der Kantone AG, AI, BE, BS, FR, GL, LU, NW, SG, SH, SO, SZ, TG, ZG und ZH. Im Jahr 2015 der Kantone: AG, AI, AR, BE, BS, GL, JU, LU, NW, SG, SH, SO, TG, ZG und ZH. (Bild: spi)