Begleitet von Kritik ist die jüdisch-amerikanische Philosophin Judith Butler am Dienstag mit dem Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden. Vor der Frankfurter Pauluskirche hatten zuvor mehrere Dutzend Demonstranten gegen die Preisträgerin protestiert.
Sie hielten Schilder hoch, auf denen etwa stand: „Kein Adorno-Preis für Judith Butler! Keine Ehre für Israelhass!“ Von Polizeikräften getrennt riefen auf der anderen Seite des Zugangs Unterstützer Butlers Slogans für Palästina und hielten Plakate mit der Aufschrift „Thank you Judith“ hoch.
Der Zentralrat der Juden und die Frankfurter Jüdische Gemeinde hatten die Auszeichnung der 56-jährigen Philosophin in den vergangenen Tagen und Wochen scharf kritisiert und entschieden, der Preisverleihung fernzubleiben.
Der Zentralrat hatte die jüdische Intellektuelle eine „bekennende Israel-Hasserin“ genannt und ihr vorgeworfen, sie rufe zum Boykott gegen Israel auf und halte Hamas und Hisbollah für legitime soziale Bewegungen. Butler hatte auf die Kritik des Zentralrats bereits in mehreren Zeitungsartikeln reagiert und von einer Denunziation und einem Missverständnis gesprochen.
Butler geht nicht auf Vorwürfe ein
In ihrer mit Spannung erwarteten Rede in der Paulskirche ging Butler nicht mehr auf die Auseinandersetzung ein. So fiel etwa der Begriff Israel darin kein einziges Mal.
Stattdessen setzte sich Butler in Anlehnung an Adorno mit der Frage auseinander, wie ein gutes Leben in einer Welt geführt werden könne, die vielen ein solches Leben strukturell oder systematisch verunmögliche.
Die Germanistin Eva Geulen sagte in ihrer Laudatio, Butlers Positionierungen seien ohne Frage kontrovers. „Ihr in allem zustimmen zu wollen oder zu können, wäre absurd“, sagte sie mit Blick auf den unterstützten Aufruf zum Boykott israelischer Institutionen. „Nicht weniger absurd und geradezu fatal wäre es allerdings, die Auseinandersetzungen über diese und andere Punkte zu unterbinden oder auszusetzen.“
Der Adorno-Preis wird seit 1977 alle drei Jahre vergeben und ist mit 50’000 Euro dotiert. Er dient der Förderung und Anerkennung hervorragender Leistungen in den Bereichen Philosophie, Musik, Theater und Film. Butler ist die erste weibliche Preisträgerin.