Zwei Wochen nach Beginn der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen werden angesichts steigender Opferzahlen die Forderungen nach einer Waffenruhe drängender. Die Zahl der Toten in dem seit acht Jahren abgeriegelten Palästinensergebiet stieg auf über 600.
Die grosse Mehrheit der Todesopfer sind Zivilisten, unter ihnen sind viele Frauen und Kinder. Zudem wurden bis am Dienstag mindestens 3700 weitere Menschen verletzt.
Auf israelischer Seite kamen 27 Soldaten und zwei Zivilisten ums Leben, mehr als 120 Soldaten wurden nach Medienberichten verletzt. Anzeichen für eine Ende der Kämpfe gab es nicht.
Auch am 15. Tag des Konflikts stiegen über dem von 1,8 Millionen Menschen bewohnten Landstrich Rauchwolken auf. Weil Israel und Ägypten die Grenzübergänge geschlossen haben, ist eine Flucht unmöglich.
Die israelischen Streitkräfte wollen an ihrem Kurs festhalten. «Wir werden diesen Einsatz fortführen», sagte Armeesprecher Peter Lerner. Das Militär warf der Hamas erneut vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Vermittlungsversuche in Kairo
US-Aussenminister John Kerry rief zu einem sofortigen Ende der Gewalt. Er appellierte am Dienstag in Kairo insbesondere an die radikalislamische Hamas, einer Waffenruhe mit Israel zuzustimmen. Die Hamas müsse eine grundlegende Entscheidung treffen, die erhebliche Auswirkungen auf die Menschen in Gaza habe, sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem ägyptischen Amtskollegen Samih Schukri.
Mit dem ägyptischem Vorschlag für eine Waffenruhe gebe es einen Rahmen, mit dem die Gewalt beendet werden könne. Die humanitäre Krise in Gaza werde von Tag zu Tag schlimmer, erklärte Kerry. Allerdings erwähnte er nicht, dass Israel als Besetzungsmacht gemäss dem humanitären Völkerrecht verpflichtet ist, für den Schutz und das Wohlergehen der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten zu sorgen.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon setzt sich in Kairo ebenfalls für eine Waffenruhe ein. Israel und die militanten Palästinenser könnten im Anschluss an eine Feuerpause in einen Dialog über ihre Differenzen treten, sagte er. Mit Blick auf die vielen Toten fügte er hinzu: «Gaza ist eine offene Wunde, ein Heftpflaster hilft da nicht.»
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Führer der Hamas-Exilorganisation, Chaled Maschaal, erörterten in der katarischen Hauptstadt Doha Möglichkeiten für eine Feuerpause. Palästinensische Führungskräfte sprachen von gewissen Fortschritten, wiesen aber darauf hin, dass eine Einigung zwischen Israel und der Hamas weiterhin nicht in Reichweite sei.
Obamas Bedenken
US-Präsident Barack Obama äusserte «ernsthafte Bedenken» wegen der ständig steigenden Zahl ziviler Opfer in Gaza. Die internationale Gemeinschaft müsse die Gewalt in Gaza stoppen, sagte er in Washington.
Sein Sprecher Josh Earnest erinnerte Israel an die eigenen Ansprüche beim Schutz von Zivilisten. «Das wird keine leichte Arbeit werden.»
Innert zwei Wochen hat die israelische Armee im Gazastreifen nach eigenen Angaben mehr als 3000 Ziele angegriffen. Militante Palästinenser hätten in dieser Zeit mehr als 2500 Raketen auf Israel abgefeuert, sagte Militärsprecher Arye Shalicar.
Davon habe die Raketenabwehr mehr als 350 in der Luft abgefangen. Etwa 1400 seien in offenen Gebieten eingeschlagen. Im Gazastreifen habe die Armee 23 Tunnel mit 66 Eingangspunkten gefunden und davon sechs zerstört. «Wegen der Gefahr, sie könnten vermint sein, dauert es lange».