Der wegen Steuerbetrugs verurteilte frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat am Freitag den Sozialdienst zur Ableistung seiner Haftstrafe angetreten. Der 77-Jährige war für vier Stunden im katholischen Sacra-Famiglia-Zentrum in Cesano Boscone bei Mailand.
Hier soll er über zehn Monate lang alte Menschen pflegen, die an Demenz oder Alzheimer leiden. Hunderte Medienvertreter aus der ganzen Welt warteten vor dem Altersheim auf Berlusconi. Der leger gekleidete Milliardär mied jedoch jeglichen Kontakt zu den Medien.
Um die Einrichtung wurden Sperren aufgestellt, um Kameraleute und Fotografen vom Eingang des Seniorenheims fernzuhalten. Der Leiter der Einrichtung, Paolo Pigni, hatte versichert, dass Berlusconis Anwesenheit den Tagesablauf in der Einrichtung nicht stören werde.
Clown fordert Gefängnis
Trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen kam es beim Eintreffen Berlusconis im Altersheim zu einem Zwischenfall. Ein als Clown verkleideter Gewerkschafter versuchte, sich dem dreifachen Ex-Regierungschef zu nähern und forderte, dass Berlusconi ins Gefängnis komme.
Der Demonstrant wurde von der Polizei entfernt. Die Einrichtung betrat Berlusconi allein. Hier traf er die Leiter des Seniorenheims, die ihn mit seinen Aufgaben im Umgang mit den Demenzkranken und Alzheimerpatienten vertraut machten.
Nach vier Stunden verliess Berlusconi die Einrichtung wieder. Er lächelte und winkte den wartenden Journalisten zu und sagte, er dürfe keine Erklärung abgeben. Danach stieg er in einem Wagen und kehrte in seine Luxusresidenz bei Mailand zurück.
Verurteilung wegen Steuervergehen
Berlusconi muss für die kommenden zehneinhalb Monate einmal pro Woche vier Stunden lang in dem Seniorenheim arbeiten, um dadurch den strikteren Auflagen eines Hausarrests zu entgehen. Der Medienzar war im vergangenen August wegen Steuervergehen zu vier Jahren Haft verurteilt worden, muss aber wegen seines hohen Alters nicht hinter Gitter.
Berlusconis Lebensgefährtin Francesca Pascale betonte unterdessen in einem Zeitungsinterview, dass der Ex-Premier den Sozialdienst nicht fürchte. «Silvio hat stets den Armen geholfen, er hat immer schon Menschen in Not unterstützt. Schade, dass es fast niemand wusste», sagte die 28-jährige Neapolitanerin.
Zugleich kritisierte sie das Urteil: «Berlusconi verdient diese Strafe nicht», sagte Pascale im Interview mit der neapolitanischen Tageszeitung «Il Mattino».
Wegen der Verurteilung wurde Berlusconi aus dem Senat ausgeschlossen. Allerdings darf er weiter für seine rechtsgerichtete Partei Forza Italia im Wahlkampf für die EU-Wahlen am 25. Mai aktiv sein. Berlusconis Forza Italia liegt in Umfragen vor der Europawahl mit rund 20 Prozent hinter der regierenden Demokratischen Partei von Ministerpräsident Matteo Renzi und der Protestbewegung Fünf Sterne um den Komiker Beppe Grillo.