Die Young Boys können in Basel ihr Image des guten Verlierers erneut nicht abstreifen. In kursweisenden Partien jubelt ausnahmslos der Titelhalter FCB.
In der Mixed-Zone taten sich die Berner schwer mit der Einschätzung der 0:1-Niederlage. Der Schweizer U21-Nationalspieler Leonardo Bertone wähnte sich vermutlich im falschen Basler Film: «Wir waren über 90 Minuten die bessere Mannschaft. In der Schlussphase spielten wir sie an die Wand.» Das eigene Ergebnis blendete der Mittelfeldspieler im Bann des Adrenalins vorübergehend aus: «Basel schoss einmal aufs Tor.» Oder in seinen Worten: «Wenig Aufwand, grosser Ertrag.»
Das Gros der schwer enttäuschten Verlierer mochte sich mit der knappen Differenz nicht abfinden. In ihrer Wahrnehmung hat ausschliesslich der FCB gelitten. Loris Benito gab dann aber doch zu, dass im St.-Jakob-Park «von A bis Z alles stimmen muss, um als Sieger vom Platz zu gehen». Von einem erneuten Solo will er zwar partout nichts wissen, obschon die Differenz von zwölf Punkten zweifellos ein beträchtliches Handicap sei. Und dann griff er in die Schublade mit den Parolen: «Die Meisterschaft ist kein Sprint, sondern ein Marathon.»
Auch der Coach Adi Hütter platzierte den Hinweis, sie hätten sich mehr Spielanteile erarbeitet und «alles unternommen. Das reichte aber leider nicht.» Das ehrgeizige Projekt der Klubleitung, eher früher als später die erste Meister-Trophäe seit 1986 zu gewinnen, ist für den Österreicher einstweilen nicht mehr spruchreif: «Es passt jetzt ganz einfach nicht, von einem Titel zu sprechen. Das ist der falsche Ansatz.»
Für Hütter rückt angesichts der ramponierten Perspektiven im nationalen Championat notgedrungen andere Punkte in den Vordergrund: «Wir müssen zusehen, einen der Europacup-Plätze zu erreichen.» Er wolle die Mannschaft mit aktuell fünf U21-Internationalen in der Stammformation weiterentwickeln: «Meine Aufgabe wird sein, das Team zu formen.»
Der schon fast ewige Zweite oder Dritte der Super League hat offensichtlich nicht nur eine weitere Auswärtspartie beim Liga-Primus verloren, sondern auch die Zuversicht, an der Vorherrschaft der Bebbi ernsthaft rütteln zu können. «Wir sind auf allen Ebenen so gut aufgestellt, dass wir in der neuen Saison damit beginnen könnten, Geschichte zu schreiben», hatte YB-Manager Fredy Bickel im April festgehalten. Er irrte sich. Der Verein ist noch immer nur in Ausnahmefällen wie beim 4:3 vor knapp vier Wochen bereit, den Bebbi richtig wehzutun.
Fischers Feststellung
Der Favorit hingegen demonstrierte ein weiteres Mal in einem entscheidenden Moment seine Muskelkraft. Er ist nach wie vor in der Lage, auch an einem weniger brillanten Tag das maximale Resultat zu erzielen. Urs Fischer brachte den Unterschied so schnörkellos auf den Punkt, wie seine Equipe manchmal aufzutreten pflegt: «Es gibt dreckige Spiele, die man einfach gewinnen muss.»
Sie hätten auf die schwache Vorstellung gegen Belenenses Lissabon so reagiert, wie er es sich vorgestellt habe: «Wir haben den Kampf angenommen.» Und dann schob er Entscheidendes nach: «Wir haben das Spiel von YB nicht mehr mitgemacht.» Er schweifte gedanklich zurück zur bislang einzigen Niederlage in der Meisterschaft: «Auf einen wilden Schlagabtausch haben wir uns nicht mehr eingelassen.»
Voreilige Gratulationen zu einem siebten Meisterstreich in Folge nahm der Zürcher an der Team-Spitze von Rotblau selbstredend keine entgegen: «Es ist nichts entschieden. Eine Niederlage, ein Remis, und schon wird es plötzlich wieder eng.» Seine höfliche Zurückhaltung ist nachvollziehbar, mit Turbulenzen im Tagesgeschäft ist trotzdem nicht zu rechnen. Die Grasshoppers, statistisch der nächste Herausforderer Basels, hinterliessen in Sitten beim Umschwung vom 2:0 zum 2:3 nicht den Eindruck, das Handicap von neun Punkten in absehbarer Zeit wettmachen zu können.
Während sich die rat- und teilweise mittellose Konkurrenz vergeblich abmüht, gelingt im FCB nahezu alles – sogar das wundersame Comeback eines 18-Jährigen, der drei Tage zuvor verletzt vom Platz getragen wurde. Breel Embolo markierte das Siegtor. Er, der selber am Donnerstag wegen seines Fehltritts «vom Schlimmsten ausgegangen ist». Aber sogar Knieschmerzen sind am Rheinknie offenbar schneller als anderswo therapierbar.