Das Obergericht des Kantons Bern hat am Donnerstag den Bootsführer eines tödlichen Riverrafting-Unfalls von 2007 auf der Saane bei Gstaad BE vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Es bestätigte damit das Urteil der ersten Instanz.
Der Ablauf des Geschehens sei schlicht nicht rekonstruierbar, sagte die vorsitzende Oberrichterin. Das Gericht habe sich den Entscheid nicht leicht gemacht, sagte sie mit Verweis auf die lange Urteilsberatung.
Die Familie des 15-jährigen Opfers hatte nach dem Urteil in erster Instanz den Fall vor das Obergericht weitergezogen.
Die Tragödie geschah im Juli 2007 an einer engen Stelle der sogenannten Vanel-Schlucht zwischen Gstaad BE und Chateau-d’Oex VD. Der Angeklagte gehörte zu drei Guides, die mit einer Zürcher Schulklasse in drei Booten auf der Saane unterwegs waren. An der Engstelle fuhren zwei Boote aufeinander, worauf das hintere Boot kenterte.
Eine Schülerin verfing sich mit der Schwimmweste unter Wasser und konnte erst nach mehreren Minuten geborgen werden. Sie starb später im Spital. Der angeklagte Tourguide sass ebenfalls im gekenterten Boot.
Erste Instanz sah keine Verletzung der Sorgfaltspflicht
Im Juni 2014 sprach das Oberländer Einzelgericht den heute 48-jährigen Mann vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Der Richter sah es nicht als erwiesen an, dass der Bootsführer seine Sorgfaltspflicht verletzt hatte. Vor Gericht sagte der Mann, er habe gesehen, wie das erste Boot in eine langsamere Strömung gefahren sei und plötzlich quer stand.
Weil er befürchtet habe, dass das erste Boot an einen Felsbrocken gedrückt werden und kentern könnte, habe er seinen Kurs in der schnelleren Strömung gehalten. Dies in der Absicht, am gekenterten Boot vorbeizufahren und die Schüler aus dem Wasser zu fischen.
Anders als erwartet, kenterte das vordere Boot nicht, sondern blieb am Felsen hängen und versperrte so die Durchfahrt. Nun war ein Ausweichen unmöglich, und das zweite Boot mit dem Guide an Bord kenterte. Vom Gericht angehörte Experten bestätigten, dass der Guide nachvollziehbar gehandelt habe.
Familie erhält keine Genugtuungszahlung
Für die Familie des 15-jährigen Todesopfers waren die Aussagen des Angeklagten eine «reine Schutzbehauptung». Vielmehr habe der Guide mit seinem Boot zu wenig Abstand gehalten und sei deshalb schuld am Tod des Mädchens. Weil die Familie den Freispruch weiterzog, wird der Fall vor Obergericht nochmals aufgerollt.
Dass der Fall erst sieben Jahre später vor Gericht kam, hat verschiedene Gründe. So wurde zunächst gegen weitere Personen ermittelt, darunter den Geschäftsführer des Tour-Anbieters oder gegen den Lehrer der Schulklasse. Diese Verfahren wurden jedoch eingestellt.
Vor dem Zürcher Obergericht blitzten die Eltern mit einer Genugtuungsforderung gegenüber den Schulbehörden ab. Die Familie hatte eine Expertise zur Frage gefordert, ob sich die gesamte für Riverrafting vorgesehene Strecke auf der Saane für das Durchfahren mit Jugendlichen im Alter von 15 Jahren eigne.