Adolf Muschg hat am Donnerstag in der Nationalbibliothek den Grand Prix Literatur, die höchste Literaturauszeichnung der Schweiz, erhalten. Die Jury lobte insbesondere seinen Humanismus und sein Engagement. Der Preis wurde von Bundesrat Alain Berset überreicht.
«Der Schriftsteller mit dem unermüdlich kritischen Geist kann auf ein vielfältiges Gesamtwerk zurückblicken, das aus Romanen und Essays zu Literatur, Europa, Japan, Gottfried Keller oder Goethe besteht», heisst es in der Jurybegründung über Adolf Muschg.
Eine kritische Haltung, ergänzte Alain Berset in seiner Rede anlässlich der Preisübergabe, habe der Geehrte zeitlebens zu seiner Heimat gepflegt. Und dennoch sei ihm die Schweiz stets wichtig geblieben. «Und wenn nicht die Zeilen in seinen Büchern von der Schweiz handeln, dann schaut sie doch immer wieder zwischen diesen Zeilen hervor, selbst in den Geschichten, die im Fernen Osten spielen.»
Muschg kritisierte nie ohne Selbsthinterfragung
Der Kulturminister zeigte sich von der Eigenheit Muschgs beeindruckt, politische Themen nicht als Politiker, sondern stets «aus dem Geiste der Literatur» zu behandeln. «Es geht ihm nicht um den Sieg in der Debatte und den Triumph über den Gegner, sondern um den hartnäckigen Hinweis, dass es vielleicht anders ist, anders sein könnte – oder anders sein sollte.»
Habe er sich in der Vergangenheit zu einem Thema kritisch geäussert, so habe Muschg «nie auf die Selbsthinterfragung verzichtet, nur um es einfacher zu haben im politischen Schlagabtausch», so Berset weiter. «Das ehrt ihn.»
Der Schweizer Grand Prix ist bei weitem nicht der grösste Literaturpreis, den der heute 80-jährige Muschg bisher erhalten hat. 1994 bekam er als dritter Schweizer nach Max Frisch (1958) und Friedrich Dürrenmatt (1986) den Georg-Büchner-Preis, den bedeutendsten Literaturpreis im deutschen Sprachraum.
Die «kleinen» Preise
Neben dem mit 40’000 Franken dotierten Grand Prix für das Gesamtwerk wurden sieben «kleine» Schweizer Literaturpreise für Einzelwerke übergeben. Deren Träger – Dorothee Elmiger, Eleonore Frey, Hanna Johansen, Guy Krneta, Frédéric Pajak, Claudia Quadri und Noëlle Revaz – waren schon seit Anfang Monat bekannt. Diese Preise sind mit je 25’000 Franken verbunden.
Der Spezialpreis Vermittlung in Höhe von 40’000 Franken erhielt – wie ebenfalls bereits bekannt – das Projekt «Roman des Romands». Sein Ziel ist es, Gymnasialklassen mit zeitgenössischen Westschweizer Autoren und ihren Büchern bekannt zu machen.
Verwirrende Praxis endlich entwirrt
Adolf Muschg ist in der noch jungen Geschichte der Literaturpreise des Bundes der erste Autor, der allein auf dem Podest steht. Im ersten Jahr der Vergabe, 2013, wurden mit Erica Pedretti, Fabio Pusterla und Jean-Marc Lovay aus drei Landesteilen Schreibende mit Gesamtwerkpreisen ausgezeichnet. 2014 waren es noch zwei, Paul Nizon und Philippe Jaccottet, die beide seit Jahrzehnten in Frankreich leben.
In den nur drei Jahren seit ihrer Einführung haben die Literaturpreise des Bundes bereits eine beachtliche Veränderung durchgemacht. 2013 hiessen die Gesamtwerkpreise noch nicht «Grand Prix» sondern «Schweizer Literaturpreise» und die «kleinen» Einzelwerkpreise «Eidgenössische Literaturpreise». Damals wurden die beiden Sorten noch an verschiedenen Daten übergeben.
Im Jahr darauf hiessen die grossen Preise wie heute «Grand Prix» und die kleinen «Schweizer Literaturpreise», wurden aber immer noch an verschiedenen Anlässen überreicht. Mit der jetzigen Lösung – «Grand Prix» und «Schweizer Literaturpreise» am selben Anlass vergeben – dürfte die Verleihungspraxis des Bundes eine taugliche Form gefunden haben.