Eine Berner Grosswäscherei hat einer Muslimin, welche eines Tages aus religiösen Gründen mit Kopftuch zur Arbeit erschien und nicht mehr auf das Kleidungsstück verzichten wollte, missbräuchlich gekündigt. Das hat ein Berner Einzelrichter entschieden.
Der Gerichtspräsident an der Zivilabteilung des Regionalgerichts Bern-Mittelland kam zum Schluss, die Wäscherei habe der Frau nicht beweisen können, dass die Weisung, auf das Tragen eines Kopftuchs zu verzichten, «sachbezogen und betrieblich notwendig» sei. Das geht aus dem Urteil von Anfang September hervor, das der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Dem Urteil zufolge arbeitete die Muslimin seit 2009 zur vollen Zufriedenheit des Arbeitgebers im Berner Betrieb. Eines Tages erklärte sie, fortan – auch bei der Arbeit – ein Kopftuch tragen zu wollen. Sie bot an, dieses jeden Tag zu waschen. Das Unternehmen kündigte ihr mit der Begründung, aus Sicherheits- und hygienischen Gründen sei es verboten, am Arbeitsplatz ein Kopftuch zu tragen.
Laut dem Urteil wäre die Firmenspitze bereit gewesen, mit der Frau zusammen nach einer Lösung zu suchen. Dies nach einer Phase, in der die Frau ohne Kopftuch hätte arbeiten müssen. Doch war der Muslimin laut dem Richter diese Kompromissbereitschaft nicht ersichtlich. Die Berner Firma muss der Frau nun eine Entschädigung zahlen.
Vom IZRS unterstützt
Laut der «SonntagsZeitung», welche das Urteil in ihrer neusten Ausgabe publik machte, erhielt die Muslimin Unterstützung vom Islamischen Zentralrat der Schweiz (IZRS). Dieser präsentierte den Zeitungsartikel schon am Sonntagmorgen auf seiner Internetseite.
Der Fall sei ein weiteres Beispiel dafür, kommentiert der IZRS, dass nicht das Kopftuch, sondern dass islamfeindliche Vorbehalte die Integration muslimischer Frauen erschwerten. Generalsekretärin Ferah Ulucay sagte auf Anfrage, es gebe viele solche Fälle in der Schweiz. Nur die wenigsten landeten aber vor Gericht.
Das Berner Urteil könnte bedeuten, dass nun mehr Kopftuch tragende Musliminnen den Gang vor ein Gericht wagten, sagte Ulucay. Die Berner Muslimin habe sich an den IZRS gewandt, nicht umgekehrt.
Die Berner Firma hat das Urteil akzeptiert, wie der Geschäftsleiter am Sonntag auf Anfrage der sda sagte. Die Firma lege Wert darauf, festzuhalten, dass die Frau nicht wegen ihrer «ethnischen Zugehörigkeit» entlassen worden sei, sagte er. Sondern sie habe trotz Aufforderung die betriebsspezifische Kleiderordnung missachtet, die in einer Wäscherei Teil der Hygienevorschriften sei.