Berset unterstreicht Bedeutung Locarnos für Schweizer Filmschaffen

In Locarno ist am Mittwoch die 67. Ausgabe des Filmfestivals eröffnet worden. Kulturminister Alain Berset unterstrich die Bedeutung des grössten Schweizer Filmfestivals für die Entfaltung des hiesigen Filmschaffens.

Berset mit Frau Muriel Zeender Berset und Festivalpräsident Solari (Bild: sda)

In Locarno ist am Mittwoch die 67. Ausgabe des Filmfestivals eröffnet worden. Kulturminister Alain Berset unterstrich die Bedeutung des grössten Schweizer Filmfestivals für die Entfaltung des hiesigen Filmschaffens.

Seit seiner Entstehung in den 1940er-Jahren habe die «avantgardistische» Programmgestaltung des Festivals und der internationale Wettbewerb dem Schweizer Film ermöglicht, sich an Erstklassigem und manchmal auch Ungewöhnlichem zu messen und daran zu wachsen, sagte Berset am frühen Abend anlässlich des Eröffnungsempfangs vor geladenen Gästen.

Zur aktuellen Schweizer Filmpolitik liess sich Berset aber noch nicht in die Karten blicken. Der Bundesrat wird sich dazu am (morgigen) Donnerstag an der Medienkonferenz des Bundesamtes für Kultur äussern. Auch Festivalpräsident Marco Solari betonte das «enorme Potenzial» des Festivals und seine Ausstrahlung auf europäischer und weltweiter Ebene.

Zudem verteidigte Solari die Einladung von Starregisseur Roman Polanski. Es gehöre zur künstlerischen Freiheit, Persönlichkeiten einzuladen, «die gefallen oder nicht gefallen». Ein Festival müsse diesen Mut aufbringen und er – Solari – stehe voll dazu. Polanskis Einladung sorgt im Tessin bei konservativen Kreisen für Unmut. Der Regisseur soll 1977 in den USA Sex mit einer Minderjährigen gehabt haben. Die Schweiz lehnte 2009 aber eine Auslieferung ab, nachdem Polanski bei der Anreise zum Zurich Film Festival festgenommen worden.

Blockbuster und Hollywood-Glamour

Am Abend startet das 67. Festival auf der Piazza Grande – dem populären Herzstück des Festivals – mit dem Science-Fiction-Thriller «Lucy» von Luc Besson. Scarlett Johansson spielt darin eine junge Drogenschmugglerin, die übernatürliche Kräfte entwickelt, als die Substanzen versehentlich in ihren Körper gelangen. Der Streifen, der in den USA einen fulminanten Kinostart hinlegte, kommt in den nächsten Tagen in die Schweizer Kinos.

Ebenfalls am Mittwochabend nimmt der französische Schauspieler Jean-Pierre Léaud einen Ehrenleoparden für seine Karriere entgegen. Der heutige 70-jährige Léaud – einer der wichtigsten Protagonisten der Nouvelle Vague – feierte in den Filmen von Aki Kaurismäki ein Comeback – zuletzt mit «Le Havre» (2011).

Für einen Hauch von Hollywood-Glamour am Eröffnungsabend auf der Piazza sorgt Melanie Griffith. Die US-Schauspielerin hat eine Rolle im Kurzfilm «Thirst», der am Donnerstag den Nachwuchs-Wettbewerb Pardi di domani eröffnen wird.

Filmische Weltreise

Auf den Leinwänden der zehn Spielstellen werden bis am 16. August insgesamt 274 Filme aus 47 Ländern gezeigt. Festivaldirektor Carlo Chatrian hat auch die zweite von ihm geleitete Locarno-Ausgabe unter das Motto «Vielfalt» gestellt – sowohl in geografischer wie in künstlerischer Hinsicht. Die 17 Filme im Internationalen Wettbewerb sollen die Zuschauer mitnehmen auf eine Weltreise, die durch Südamerika, Asien und Europa führt.

Zwei Schweizer Regisseure sind im Wettbewerb um die begehrten Leoparden dabei: Andrea Štaka, die 2006 mit «Das Fräulein» den Goldenen Leoparden gewann, präsentiert am kommenden Montag ihr neustes Werk «Cure – The Life of Another», ein mystisches Drama über eine tödliche Freundschaft.

Nicht zum ersten Mal in Locarno ist auch der Westschweizer Regisseur Fernand Melgar. Nach «Vol spécial» (2011) und «La Forteresse» (2008 im Nebenwettbewerb Cinéastes du présent mit einem Leoparden prämiert) stellt Melgar am Sonntag den Dokumentarfilm «L’abri» vor. Er zeigt das Leben in einer Lausanner Notschlafstelle, wo Nacht für Nacht Obdachlose aus Platzgründen abgewiesen werden müssen.

Schweizer Weltpremieren auf der Piazza Grande

Auf der Piazza Grande feiern ebenfalls zwei Schweizer Filme Weltpremiere: Peter Luisi zeigt mit «Schweizer Helden» (13.8.) eine Komödie über Asylbewerber, die Wilhelm Tell aufführen sollen, und Mathieu Urfer präsentiert mit der Komödie «Pause» (14.8.) seinen ersten Langspielfilm.

Teilweise in der Schweiz gedreht wurde das Drama «Sils Maria» mit Juliette Binoche und Kristen Stewart. Der Film lief im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes. Juliette Binoche wird anlässlich der Aufführung auf der Piazza am 15. August einen Excellence Award in Empfang nehmen.

Regisseur Roman Polanski wird mit seiner Frau Emanuelle Seigner den gemeinsamen Film «La Vénus à la fourrure» präsentieren und eine Masterclass geben. Zu Locarnos Stargästen gehören unter anderem auch Agnes Varda, Armin Mueller-Stahl und Mia Farrow.

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