Zuerst hatte sie alles gestanden, dann das Geständnis zurück gezogen. Eine der beiden Beschuldigten hat am Dienstag vor dem Bezirksgericht Horgen ZH erklärt, sie sei beim Tötungsdelikt vom 10. November 2013 in Kilchberg ZH gar nicht dabei gewesen.
Gemäss der 30-jährigen Gesundheits-Fachfrau war das Ganze ein Plan ihres damaligen Freundes und der anderen Beschuldigten. Den Salmiakgeist habe sie auf Geheiss des Freundes gekauft. Ihr Geständnis zu Beginn der Untersuchung habe sie unter Druck des Freundes gemacht.
Ihn beschuldigte sie aber nicht, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. An anderer Stelle erklärte sie, sie habe nach Absprache mit dem ersten Anwalt alles auf sich genommen, damit sie schnell wieder aus der Untersuchungshaft käme. Später habe sie erfahren, dass der Verteidiger ein persönlicher Freund des Staatsanwalts sei.
Die beiden Frauen waren damals befreundet. An jenem Abend hätten sie zusammen gegessen, so die Beschuldigte. Sie selbst sei dann in der Wohnung zurück geblieben, während die andere hinaus gegangen sei. Ihr damaliger Freund sei gar nicht zuhause gewesen.
Später sei die Freundin zurück gekommen und habe ihr von der Tat erzählt. Sie wisse aber nicht, ob das alles wirklich so geschehen sei, wie die andere erzählt habe. Sie habe von alledem erst aus dieser Schilderung erfahren.
Auch die Diebstähle, welche die Anklage ihr vorwirft, stritt die Beschuldigte ab. Laut Anklageschrift hat sie in zwei Alterszentren, in denen sie angestellt war, mehrere Bewohnerinnen bestohlen. Sie habe eigenen Schmuck verkauft, nicht gestohlenen.
Die Aussagen wirkten einigermassen wirr und nicht sehr kohärent. Schon am Morgen hatte die 30-Jährige einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Auf Fragen zu ihrer Person machte sie Angaben, die jenen in der Untersuchung diametral widersprachen. Damals habe sie gelogen, jetzt aber nicht mehr, beteuerte sie.
Die 30-Jährige beschuldigt zudem die Jüngere, ihr 1000 Franken gestohlen zu haben, was die 26-Jährige bestreitet.
Minutenlange Weinkrämpfe
Völlig anders war zuvor die Aussage der anderen Beschuldigten. Unter Weinkrämpfen schilderte sie detailliert das damalige Geschehen. In die Alterswohnung seien sie mit einem Schlüssel gelangt, den die Ältere mitgebracht habe – wie auch den Salmiak, ein Tüchlein und Einweghandschuhe, um Fingerabdrücke zu vermeiden.
Sie habe der schlafenden 88-jährigen Bewohnerin den Lappen mit Salmiakgeist aufs Gesicht gehalten – aber so, dass diese noch habe atmen können. Sie habe sie nur betäuben wollen, nicht aber töten. Sie habe dabei auf die Erklärungen ihrer Freundin vertraut. Diese sei ja vom Fach und habe ihr versichert, die Frau werde «nur weiterschlafen».
Laut der 26-jährigen Verkäuferin war die 30-Jährige von Anfang an treibende Kraft. Sie selbst habe mitgemacht, weil sie die bewunderte Ältere nicht habe enttäuschen wollen – und weil sie unter Drogeneinfluss gestanden habe. Nach der Tat hätten die beiden die Beute geteilt.
Mehrmals sagte die 26-Jährige, «wenn keine Drogen im Spiel gewesen wären, wäre das alles nicht passiert», sie sei sehr enttäuscht von sich selber. Es sei schade, dass die andere alles auf sie abschieben wolle.
Übereinstimmend waren die Aussagen der beiden bloss in dem Punkt, dass sie an jenem Abend – vor der Tat – gemeinsam Kokain konsumiert hätten. Den Ausführungen der Jüngeren folgte die 30-Jährige äusserlich genauso völlig unbewegt, wie sie ihre eigenen Aussagen machte.
Mit Passepartout in Alterswohnung
Gemäss Anklageschrift drangen die beiden in der Nacht vom 9. auf den 10. November 2013 mit einem Passepartout in die Wohnung einer 88-jährigen Bewohnerin des Alterszentrums ein. Sie drückten der schlafenden Frau einen mit Salmiakgeist getränkten Lappen aufs Gesicht, worauf sie erstickte. Mit Bargeld, Schmuck, einer teuren Uhr und einer Bankkarte verliessen sie die Wohnung.
Die Anklage beschuldigt die beiden Frauen des Mordes – eventuell der fahrlässigen Tötung – und des Raubs. Der auf mehrere Tage angelegte Prozess geht am Mittwoch mit der Befragung von Ärzten weiter. Am Freitag folgt unter anderem die Befragung des Gerichtspsychiaters. Nächste Woche werden die Parteien ihre Plädoyers halten. Die Urteilseröffnung ist auf den 27. November geplant.