Bevölkerung schaut zuversichtlich ins In- und besorgt ins Ausland

Die Ukraine-Krise, zunehmende Cyberattacken oder Terrorangriffe wie jener in Paris von Anfang Jahr scheinen die Schweizer Bevölkerung nicht gross zu beunruhigen. Die meisten fühlen sich sicher und blicken optimistisch in die Zukunft – trotz düsterer Welteinschätzung.

Trotz der jüngsten Terroranschläge in Europa, wie jenem in Paris auf Mitarbeiter des Satiremagazins Charlie Hebdo, fühlt sich die Schweizer Bevölkerung nach wie vor sicher. Gleichzeitig fürchtet sie sich mehr als vor Jahresfrist vor einem Krieg in Europa. (Archiv) (Bild: sda)

Die Ukraine-Krise, zunehmende Cyberattacken oder Terrorangriffe wie jener in Paris von Anfang Jahr scheinen die Schweizer Bevölkerung nicht gross zu beunruhigen. Die meisten fühlen sich sicher und blicken optimistisch in die Zukunft – trotz düsterer Welteinschätzung.

Sicher, vertrauensvoll, kooperationsbereit und armeefreundlich: Diese Attribute treffen auf einen Grossteil der Schweizer Bevölkerung zu. Zu diesem Schluss kommt die am Freitag veröffentlichte Studie «Sicherheit 2015» der ETH Zürich.

Der Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo zu Jahresbeginn ändert offenbar nichts am Sicherheitsgefühl der Schweizerinnen und Schweizer. Die über fünf Wochen durchgeführte, repräsentative Umfrage startete einen Tag vor der Terrorattacke, am 6. Januar 2015.

Ungebrochen hohes Sicherheitsempfinden

Neun von zehn Befragten gaben an, sich sicher zu fühlen – dieser Wert stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Vier von fünf Personen sehen zudem zuversichtlich in die nähere Zukunft der Schweiz. Trotz diesem leicht tieferen Wert widerspiegelt sich in den Zahlen ein allgemein hohes Sicherheitsempfinden der Schweizer Bevölkerung, wie die Studienautoren mitteilten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bedrohung für die Schweiz eintritt, schätzen die Befragten eher gering ein – mit 4,3 auf einer Skala von 1 bis 10. Zuoberst auf der Gefahrenliste setzen die meisten wie im Vorjahr die bedrohte Datensicherheit oder einen Cyberangriff.

Deutlich düsterer und gespannter schaut die Schweizer Bevölkerung dagegen auf die weltpolitische Lage. Mehr als die Hälfte der Befragten – nämlich 55 Prozent oder 14 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr – beurteilt die Zukunft der Weltpolitik in den nächsten fünf Jahren kritischer.

Der Anteil jener, welche der Entwicklung der weltpolitischen Lage besser und entspannter entgegenblicken, ist auf einen Tiefstwert von 5 Prozent gesunken. Drei Viertel der Schweizer Bevölkerung schliessen nicht aus, dass in Europa ein Krieg ausbrechen könnte.

Armee bei jungen Leuten im Trend

Nicht zuletzt deswegen ist die grosse Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass es auch in Zukunft eine einsatzbereite Schweizer Armee brauche – vier von fünf Schweizerinnen und Schweizer erachten sie als notwendig. Bei den 18– bis 29–Jährigen ist die Einstellung zur Armee sogar so positiv wie nie zuvor in den vergangenen dreissig Jahren.

Auch die Leistung der Armee wird insgesamt als gut beurteilt. Die Schweizer Bevölkerung gibt ihr die Note 6,3 auf einer Skala von 1 bis 10.

Ebenfalls deutlich zugenommen hat die Zustimmung der Schweizerinnen und Schweizer zu einer vermehrten internationalen Kooperation. So soll die offizielle Schweiz nach der Meinung ihrer Bevölkerung öfter in Konflikten vermitteln (78 Prozent, +8 Prozentpunkte) und bei internationalen Konferenzen eine aktivere Rolle spielen (78 Prozent, +5 Prozentpunkte). Dies sind Höchstwerte.

Die Studienautoren sprechen von einem «Didier–Burkhalter–Effekt». Das Engagement des damaligen Bundespräsidenten als Oberhaupt der OSZE im Jahr 2014 begründe teilweise die grössere Öffnungsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung.

Rekordhohes Vertrauen in Bundesrat

Auch eine aktive Rolle bei UNO–Anliegen sowie das Streben nach einem Sitz im UNO–Sicherheitsrat werden von einer grossen Mehrheit bejaht. Ein EU–Beitritt wie auch ein Beitritt zur NATO haben dagegen weiterhin keine Chance – nur gut jeder fünfte Befragte ist dafür.

Ein Grund dafür dürfte die neutralitätsbetonte Einstellung der Schweizer Bevölkerung sein. 95 Prozent stehen nämlich weiterhin hinter dem Prinzip der Neutralität. Fast gleich viele sehen in ihr ein identitätsstiftendes Element.

Gemäss der Studie liegt das Vertrauen in Institutionen und Behörden in diesem Jahr über dem langjährigen Schnitt. Spitzenreiter sind hier die Polizei und die Gerichte. An dritter Stelle folgt bereits der Bundesrat. Das Vertrauen in die Landesregierung war damit noch nie so gross wie im laufenden Jahr.

Während die Schweizer Wirtschaft und das eidgenössische Parlament bei den Schweizerinnen und Schweizern mittleres Vertrauen geniessen, wird den politischen Parteien und den Medien nach wie vor am wenigsten vertraut.

Die der Studie zugrunde liegende Umfrage fand telefonisch bei rund 1200 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern in allen Sprachregionen der Schweiz statt. Durchgeführt wurde die Erhebung von dem Forschungsinstitut Léger. Die Sicherheitsstudie der Militärakademie an der ETH Zürich und des Center for Security Studies der ETH erscheint jährlich. Der Stichprobenfehler liegt bei +/– 2,8 Prozent.

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