Bickel: «YB-Projekt erinnert mich an die FCZ-Jahre»

Die Young Boys haben haben gute Monate hinter sich. Der Klub wirkt gefestigt, daran ändert die am Sonntag leichtsinnig verspielte 2:0-Führung gegen GC nichts. Manager Fredy Bickel im Interview.

Sportchef Fredy Bickel will mit YB Geschichte schreiben (Bild: SI)

Die Young Boys haben haben gute Monate hinter sich. Der Klub wirkt gefestigt, daran ändert die am Sonntag leichtsinnig verspielte 2:0-Führung gegen GC nichts. Manager Fredy Bickel im Interview.

Wie sehr korrespondiert die Momentaufnahme mit den Vorstellungen, die Ihnen im letzten Winter vorschwebten?

«Die Teilnahme am europäischen Wettbewerb war ein klar definiertes Ziel. Und als wir uns nach der Vorrunde auf Augenhöhe mit dem FCZ bewegten, nahmen wir Platz 2 ins Visier. Es geht ja immer darum, sich vorwärts zu orientieren. Es wäre zudem töricht, den Grad der Zufriedenheit nur anhand der Klassierung festzulegen. Es geht um das ganze Bild – und das ist sehr erfreulich.»

Was meinen Sie damit konkret?

«Für mich überwiegt in der Zwischenbilanz die Entwicklung der letzten zweieinhalb Jahre. Wir haben im Nachwuchsbereich eine hervorragende Basis geschaffen und können nun mit Top-Junioren so zielgerichtet arbeiten, wie wir uns das immer vorgestellt haben. Die Gruppe um das Team macht einen erstklassigen Job. Und im Zentrum steht natürlich eine funktionierende, stabile und gesunde Mannschaft. Das Fundament für eine interessante Zukunft ist gelegt.»

YB ist also in absehbarer Zeit für den nächsten Schritt bereit?

«Wir sind in der Tat auf allen Ebenen so gut aufgestellt, dass wir in der neuen Saison damit beginnen könnten, Geschichten zu schreiben.»

Die Young Boys haben sich als zweite Kraft hinter dem Serienmeister Basel etabliert. Wie viel nähergekommen ist Ihr Klub der Spitze tatsächlich?

«Die Basler machen ihren Weg – und das natürlich gut. Wir sind vielleicht in dem Sinn nähergerückt, dass wir künftig bereit sein dürften, falls der FCB das Tempo drosseln sollte.»

Hat man sich in Bern zu lange mit ehrenvollen Niederlagen begnügt oder sich schon fast daran gewöhnt, wichtige Spiele zu verlieren?

«Das würde ich so nicht sagen. Klar fühlte es sich frustrierend an, als YB auch scheiterte, obwohl mit der grossen Kelle angerichtet wurde. Aber inzwischen ist sich jeder im Verein bewusst, dass man den Fortschritt nicht erzwingen kann, sondern täglich hart dafür arbeiten muss – dass man auch im Hintergrund kein Detail vernachlässigen darf.»

Wie nehmen Sie die persönliche Entwicklung von Trainer Uli Forte wahr?

«Für ihn war es bisher keine einfache Aufgabe. Der Verein empfing ihn mit weitreichenden Vorstellungen. Zu Beginn musste er sich mit klaren personellen Vorgaben arrangieren, die Integration von Jungen wurde von ihm verlangt, der Spielraum für weitere Transfers war trotz erheblichen öffentlichen Resultatdrucks zunächst knapp bemessen. Uli meisterte diese Herausforderung sehr gut – auch dank seiner kommunikativen und gewinnenden Art. Inzwischen hat er die Philosophie der Vereinsleitung verinnerlicht. Forte entfaltet sich innerhalb unserer Strukturen, das ist spürbar.»

Sie haben einst beim FCZ die strategischen Grundlagen für drei Meistertitel geschaffen. Sind derzeit gewisse Parallelen erkennbar?

«Das Konzept ist sicher vergleichbar. Sven Hotz gab mir Ende 2003 ähnliche Voraussetzungen mit auf den Weg wie heute die Gebrüder Rihs. Das YB-Projekt erinnert mich tatsächlich an die ersten fünf, sechs FCZ-Jahre – mit dem Unterschied, dass Bern eine bessere Stadioninfrastruktur besitzt und ein höheres Zuschaueraufkommen generieren kann.»

Apropos Stadion. In der Metropole Zürich steht nach wie vor keine Fussball-Arena.

«Es ist unglaublich schwierig, wenn man kein eigenes und geeignetes Stadion zur Verfügung hat. Da fehlen nicht nur die Emotionen und die Ambiance, letztlich geht es auch um das Geld. Die Stadionsituation auf dem Platz Zürich ist eigentlich katastrophal.»

Wie taxieren Sie die finanzielle oder sportliche Erosion Ihrer ehemaligen Klubs GC und FCZ?

«Die Grasshoppers haben offensichtlich unter dem permanenten Geldmangel zu leiden, das ist klar. Ihr Campus ist zwar lobenswert, aber er steht am falschen Ort. Beim FCZ kam es nach meinem Abgang zu diversen organisatorischen Umstrukturierungen, die ich weder beurteilen noch kommentieren will.»

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