Der EU-Kommission sind die Schweizer Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien ein Dorn im Auge. Am Dienstag bezog EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta erstmals öffentlich Stellung dazu, vor dem EU-Parlament in Strassburg.
Er verstehe das Interesse von Mitgliedstaaten, Lösungen zu finden, damit Geld in ihre Haushalte fliesse, erklärte Semeta. Da erscheine der Abschluss bilateraler Abkommen zur Besteuerung versteckter Einkommen in Drittstaaten „sehr attraktiv“.
Trotzdem müssten in diesem Bereich die Kompetenzen von Mitgliedstaaten und der EU-Kommission respektiert werden. So versteht die Kommission keinen Spass, wenn die Abkommen Bereiche belangen sollten, die in der Kompetenz der EU-Kommission lägen. „Wir würden nicht zögern, falls nötig, korrigierende Massnahmen zu ergreifen“, sagte Semeta.
In letzter Konsequenz könnte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland oder Grossbritannien einleiten. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn sie zum Schluss kommt, dass die bilateralen Abkommen im Widerspruch zur EU-Richtlinie (Gesetz) zur Zinsbesteuerung oder dem bilateralen Zinsbesteuerungsabkommen Schweiz-EU stehen.
Problem Steuersatz
Semeta sagte, dass die definitiven Analysen der Steuerabkommen durch die Experten der Kommission noch nicht vorlägen. Erste Elemente, die problematisch sind, nannte er aber im Redetext.
Beim Abkommen mit Deutschland ist dies der Prozentsatz der Quellensteuer, der von den 35 Prozent abweicht, die im Abkommen Schweiz-EU vorgesehen sind. Das Resultat, ein Steuersatz von 26,375 Prozent, werde durch eine Rückerstattung eines Teils der erhobenen Abgeltungssteuer erreicht, erklärte Semeta.
„Art“ der Quellensteuer
Zudem kritisierte er die „Art“ der Abgeltungssteuer. Während die Quellensteuer im Abkommen Schweiz-EU einer Vorab-Zahlung entspreche, scheine die Abgeltungssteuer im Abkommen Schweiz-Deutschland definitiv.
Was Semeta damit meint: Nach der Quellensteuer, wie sie im bilateralen Abkommen Schweiz-EU vorgesehen ist, kann jemand nach der Erhebung der Steuer trotzdem noch verfolgt werden. Nach dem Steuerabkommen Schweiz-EU wäre dies nicht der Fall.