Die Anwälte der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan haben gegen den Entscheid, der Ministerin den Doktortitel abzuerkennen, Rekurs angekündigt. Der Rat der Philosophischen Fakultät der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität hatte die Aberkennung am Dienstag beschlossen.
Für den Entzug des Doktorgrades hätten zwölf Mitglieder des Rats der Philosophischen Fakultät gestimmt bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung, teilte Dekan Bruno Bleckmann am Abend mit.
Der Rat habe es als erwiesen angesehen, dass Schavan systematisch und vorsätzlich über ihre Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgegeben habe, die sie nicht selbst erbracht habe. Der Rat habe eine „vorsätzliche Täuschungsabsicht“ festgestellt.
Schavan, die momentan in Südafrika weilt, hatte Plagiate und eine Täuschungsabsicht in ihrer Doktorarbeit stets bestritten. Kurz nach der Verkündung des Entscheids der Uni Düsseldorf kündigten ihre Anwälte denn auch den Rekurs gegen den Entzug des akademischen Titels an.
Die Klage werde beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben, teilte ihre Anwaltskanzlei in Bonn mit. In einem Communiqué hiess es, die Entscheidung sei in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen und sei auch materiell rechtswidrig. Die Anwälte betonten: „Eine Täuschung hat es nicht gegeben.“
Keine anderen Massstäbe
Die Uni hatte das Hauptverfahren zur Aberkennung des Titels vor zwei Wochen eingeleitet. Die Prüfung der Arbeit „Person und Gewissen“ dauerte aber bereits rund neun Monate an.
Dekan Bleckmann sagte, der Rat lehne es ab, an die Arbeit aus dem Jahr 1980 andere Massstäbe anzulegen als heutzutage. Schavan habe in ihrer schriftlichen Stellungnahme zu der umstrittenen Dissertation auf Besonderheiten der Promotionskultur der Achtzigerjahre hingewiesen.
Klar sei aber, dass die Zitierstandards der Erziehungswissenschaft zum Entstehungszeitpunkt der Arbeit die gleichen gewesen seien wie in der übrigen philosophischen Fakultät. In Leitfäden sei deutlich gemacht, dass nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte als Textplagiate zu werten seien und Sanktionen nach sich ziehen müssten.
Von Guttenberg distanziert
In Deutschland haben Plagiat-Vorwürfe in den vergangenen Jahren schon mehrere Politiker in Bedrängnis gebracht. Prominentester Fall ist der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der am 1. März 2011 zurücktrat.
Schavan hatte sich damals von Guttenberg distanziert: „Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich“, sagte sie Anfang 2011 in der „Süddeutschen Zeitung“.
Mit dem Entscheid des Düsseldorfer Fakultätsrats steigt nun auch der politische Druck auf die CDU-Politikerin Schavan. Sie hatte noch kürzlich erklärt, sie wolle auch nach den Parlamentswahlen im September dieses Jahres Ministerin bleiben.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte sich auch nach Bekanntwerden der Vorwürfe wiederholt hinter Schavan gestellt und betont, sie habe volles Vertrauen in die Arbeit der Ministerin. Schavan führt ihr Ressort seit dem Beginn von Merkels Kanzlerschaft 2005.
Rücktrittsforderungen
Aus der Opposition wurde noch am Dienstagabend der Ruf nach einem Rücktritt laut. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, sagte der „Berliner Zeitung“, mit dem Verlust des Doktortitels habe Schavan nicht mehr die Überzeugungskraft, um als Vorbild zu dienen.
Aus den Regierungsparteien CDU und FDP wurde das Verfahren dagegen als unfair kritisiert. Es wurde von einer politisch motivierten Kampagne gegen eine erfolgreiche Ministerin gesprochen. Ein Sprecher des Bundesbildungsministeriums teilte mit, Schavan werde sich am Mittwoch äussern.