Im Bistum Chur stehen die Zeichen erneut auf Sturm. Das Bistum spricht den kantonalen Landeskirchen öffentlich das Recht ab, über die von ihnen eingezogene Kirchensteuer frei zu verfügen. Auslöser des neuesten Zwists ist eine kirchennahe Anlaufstelle, die auch Abtreibungs-Beratung anbietet.
Generalvikar Martin Grichting protestierte letzte Woche im Namen von Bischof Vitus Huonder erfolglos gegen die finanzielle Unterstützung der Churer Beratungsstelle „Adebar“ durch die Katholische Landeskirche Graubünden. Das Kirchenparlament liess ihn abblitzen. Als Reaktion auf einen Bericht in der „SonntagsZeitung“ bezieht das Bistum nun in ungewohnter Deutlichkeit Stellung.
Eine Aufgabe der Landeskirchen sei das Einziehen und Verwalten der Steuern. Die Entscheidung über die Verwendung der Mittel müsse zusammen mit der Kirchenleitung, insbesondere dem Bischof, getroffen werden, sagte Bistumssprecher Giuseppe Gracia auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Dazu seien die Landeskirchen gemäss den eigenen Statuten verpflichtet.
Im Fall der Beratungsstelle unterstütze die Bündner Landeskirche gegen den Willen des Bischofs eine Institution, die mit der „Abtreibungsbegleitung“ gegen die Grundsätze der katholischen Kirche handle. „Die Landeskirche macht mit den Kirchensteuern, was sie will – selbst dort, wo Kernanliegen des Glaubens tangiert sind“, sagte dazu Generalvikar Martin Grichting.
Landeskirche protestiert vehement
Claudia Kleis, CVP-Grossrätin und Präsidentin der Exekutive der Bündner Landeskirche, protestiert vehement: „Das sind unsere Gelder, die wir über die Kultussteuer von juristischen Personen beziehen.“ Das Bistum wolle mit der aktuellen Diskussion diese Steuern abschaffen und hoffe auf Mehreinnahmen für sich.
Zum Engagement bei „Adebar“ erklärt sie, die Landeskirche sei eine weltliche Organisation und damit Roms Grundsätzen nicht zwingend verpflichtet. Zentral sei aber, dass die Beratungsstelle sehr viel präventive Arbeit leiste, damit es zu ungewollten Schwangerschaften gar nicht erst komme. Abtreibungen als letzten Ausweg will Kleis nicht tabuisiert sehen.